Irrtum Nr. 1: Unterschrieben ist unterschrieben
Der wohl größte Irrtum im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen: Alles, was unterschrieben wurde, ist gültig. Richtig ist vielmehr, dass die einzelnen Klauseln im Arbeitsvertrag nach § 307 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einer sogenannten Inhaltskontrolle unterliegen. Danach sind Klauseln im Arbeitsvertrag unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Demzufolge hat die Rechtsprechung einige Regelungen in Arbeitsverträgen für unzulässig erklärt. Unzulässig ist beispielsweise eine vertragliche Regelung, wonach Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat vom Arbeitnehmer geltend gemacht werden.
Irrtum Nr. 2: Nur schriftliche Arbeitsverträge sind gültig
Weit verbreitet ist auch der Irrtum, nur schriftliche Arbeitsverträge seien gültig. Dabei können Arbeitsverträge rechtlich gesehen nach wie vor wirksam mündlich vereinbart werden. Erforderlich ist nur: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind sich einig darin, dass der Arbeitnehmer gegen Lohn für den Arbeitgeber arbeiten soll. Und schon haben beide einen wirksamen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Wegen eventueller Beweisprobleme ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag aber in der Regel empfehlenswert. Im Übrigen ist der Arbeitgeber nach § 2 Nachweisgesetz sowieso dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich zu bescheinigen.
Irrtum Nr. 3: Nie schlechter als das Gesetz
Allseits herrscht die Meinung, Inhalte eines Arbeitsvertrages dürften nicht schlechter sein als es das Gesetz vorsieht. Dies ist zwar vom Grundgedanken her richtig, da die gesetzlichen Regelungen im Arbeitsrecht grundsätzlich Schutzvorschriften für Arbeitnehmer darstellen, die einen Mindeststandard sicherstellen sollen. Allerdings gibt es vereinzelt gesetzliche Bestimmungen, die mittels Arbeitsvertrag abgeändert werden können. Ein Beispiel ist die Regelung zum Sonderurlaub in § 616 BGB. Danach hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub, wenn er unverschuldet aus privaten Gründen kurzzeitig nicht arbeiten kann. Hierbei handelt es sich um dispositives Gesetzesrecht – das heißt: Hiervon kann durch Arbeitsvertrag auch zum Nachteil für den Beschäftigten abgewichen werden, etwa indem im Arbeitsvertrag der § 616 BGB einfach ausgeschlossen wird.
Irrtum Nr. 4: Befristung darf maximal zwei Jahre betragen
Fragt man, wie lange ein Arbeitsvertrag befristet werden darf, lautet die Standardantwort: zwei Jahre. Das ist zwar grundsätzlich richtig bei Befristungen ohne Sachgrund. Diese dürfen nach § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) tatsächlich nur für maximal zwei Jahre befristet werden. Ausnahmen hiervon sind aber durch Tarifvertrag, bei neu gegründeten Unternehmen oder bei älteren Arbeitnehmern möglich. Soweit die Befristung aber auf einem sachlichen Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG beruht, darf die Laufzeit des Vertrages hieran gekoppelt werden und zwei Jahre durchaus überschreiten. Sachliche Gründe sind beispielsweise Elternzeitvertretung oder vorübergehender betriebliche Bedarf.
Irrtum Nr. 5: Befristung bei wiederholten Einstellung unzulässig
Ein weiterer Irrglaube: Arbeitgeber dürfen einen ehemaligen Mitarbeiter bei Wiedereinstellung nicht mehr befristet einstellen. Grund für diesen Irrglauben ist die Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Danach ist eine Befristung nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Allerdings bezieht sich diese Einschränkung einerseits nur auf befristete Arbeitsverträge, denen kein Sachgrund zugrunde liegt. Das bedeutet: Eine befristete Wiedereinstellung kann bei Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG ohne weiteres erfolgen. Zudem hat das Bundesarbeitsgericht vor kurzem entschieden, dass es unter „zuvor“ nur den Zeitraum der letzten drei Jahre ansieht. Liegt das Ende des alten Arbeitsverhältnisses also länger als drei Jahre zurück, kann der Arbeitgeber den ehemaligen Mitarbeiter auch wieder befristet einstellen.
Irrtum Nr. 6: Versetzung bedeutet immer Ortsveränderung
Die meisten Arbeitnehmer und auch einige Betriebsräte glauben, eine Versetzung liege nur bei einer Ortsveränderung vor, wenn also der Arbeitnehmer von einem Standort zu einem anderen Standort des Unternehmens wechseln soll. Dabei verkennen sie, dass eine Versetzung mehrere Dimensionen haben kann. Denn letztlich übt der Arbeitgeber mit einer Versetzung sein Direktionsrecht aus. Dadurch hat der Arbeitgeber im gewissen Rahmen die Möglichkeit, den Ort, den Inhalt und die Zeit der Arbeitsleistung des Mitarbeiters näher bestimmen kann. Insofern kann eine Versetzung auch bei einer Veränderung der Tätigkeiten (z.B. bei Übertragung von zusätzlichen Aufgaben) oder bei einer Änderung der Arbeitszeit (z.B. bei einem Wechsel von reiner Frühschicht in Wechselschicht) vorliegen.
Irrtum Nr. 7: Versetzung erfordert dauerhafte Maßnahme
Falsch ist auch die Auffassung, eine Versetzung sei nur im Falle einer dauerhaften Maßnahme gegeben. Nach der betriebsverfassungsrechtlichen Definition in § 95 Abs. 3 BetrVG ist eine Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Hieraus wird deutlich, dass eine Versetzung sogar bei einer Maßnahme vorliegen kann, die noch nicht einmal einen Monat dauern soll – nämlich dann, wenn sich die Arbeitsumstände erheblich ändern.
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Autor:
Der Rechtsanwalt und Arbeitswissenschaftler Ingo Mrowka vertritt Arbeitnehmer und Betriebsräte vor allen ArbG, LAG, BAG und der Einigungsstelle. Er berät Betriebsräte als Sachverständiger und ist als Dozent und Fachautor zum BetrVG und Arbeitsrecht tätig.
www.ra-arbeitsrecht.com