Die Bewertung der Arbeitsleistung in einem qualifizierten Arbeitszeugnis gilt für die gesamte Beschäftigungsdauer und darf sich nicht nur auf Zeiten erstrecken, in denen der entsprechende Arbeitnehmer nicht oder nur wenig als Betriebsrat engagiert war. Das ergibt sich aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg. Die Richter verpflichteten damit einen Elektrofachmarkt, eine Passage in einem Zeugnis zu streichen, der zufolge die Arbeitsleistung einer Ende Februar 2017 ausgeschiedenen Mitarbeiterin seit Ende Januar 2014 „nicht mehr bewertet werden“ könne (Az.: 5 Sa 100/18).

Hintergrund ist eine Zeugnisberichtigungsklage einer Betriebsrätin, die im Zuge einer Marktschließung ihren Arbeitsplatz verloren hatte. Während das vom Arbeitgeber ausgestellte Arbeitszeugnis ansonsten qualifiziert und wohlwollend war, klammerte die Firma in ihrer Leistungsbewertung gut drei Jahre ohne weitere Begründung explizit aus. Dagegen setzte sich die Frau gerichtlich zur Wehr und hatte Erfolg.

Wie es in der Begründung u.a. heißt, suggeriere die Formulierung „dem Zeugnisleser, dass die Klägerin ab dem 01.02.2014 keinerlei Arbeitsleistung mehr erbracht hat“. Das aber sei nicht nur sachlich falsch, sondern leiste Spekulationen Vorschub. Überdies dürfe Betriebsratstätigkeit – auch in Andeutungen – nicht in einem Zeugniserwähnt werden. Laut § 78 Satz 2 BetrVG (Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot) dürfe der Frau die Tatsache, dass sie in den vergangenen drei Jahren fast ausschließlich Betriebsratsarbeit geleistet habe, insofern „nicht zum Nachteil gereichen“ – auch nicht bei der Zeugniserteilung.

Arbeitszeugnis so gestalten „als ob“

Entsprechend verwarf das LAG das Argument des Arbeitgebers, der Grundsatz der Zeugniswahrheit verlange es, dass hier bestimmte Zeiträume bei der Leistungsbewertung im Arbeitszeugnis ausgeklammert würden. Zum einen nämlich führe Betriebsratsarbeit zu einer Befreiung von der Arbeitsverpflichtung. Zum anderen könne „vom Arbeitgeber eine Prognose hinsichtlich der Beurteilung der Leistung und des Führungsverhaltens dergestalt abverlangt werden, als ob es die Freistellung für die Betriebsratstätigkeit nicht gegeben hätte“ – dies, zumal die Frau langjährige Mitarbeiterin gewesen war.

Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 11.10.2018 (Az.: 5 Sa 100/18).

Vorinstanz: Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 29.09.2017 (Az.: 5 Ca 1146/16).

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