Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist (§ 37 Abs. 2 BetrVG). Aus dieser gesetzlichen Regelung wird abgeleitet, dass die erforderliche Betriebsratsarbeit grundsätzlich Vorrang vor der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung hat.
Der Anspruch auf Arbeitsbefreiung besteht allerdings nur unter zwei Voraussetzungen: Zum einen muss es sich um die Durchführung von Betriebsratsaufgaben handeln, zum anderen muss die Arbeitsbefreiung zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich sein.
Zu den ordnungsgemäßen Aufgaben des Betriebsrats zählen alle dem Betriebsrat nach dem BetrVG, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen sowie anderen Gesetzen obliegenden Aufgaben.
Beispiele für Betriebsratstätigkeiten:
- Teilnahme an den Sitzungen des Betriebsrats,
- Teilnahme an Besprechungen mit dem Arbeitgeber,
- Betriebsbesichtigungen und Besprechungen mit Behörden (Arbeitsschutzbehörden, Berufsgenossenschaft, Agentur für Arbeit, etc.) und Gewerkschaften,
- Aufsuchen eines Rechtsanwalts zur Beratung oder Vorbereitung eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens,
- Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen,
- Vorbereitung und Nachbereitung von Sitzungen und Beschlüssen des Betriebsrates oder der Ausschüsse,
- Vorbereitung von Sitzungen einschließlich der Beschaffung von Unterlagen und der Erstellung von Sitzungsunterlagen und Tätigkeitsberichten,
- Wahrnehmung der Betriebsratssprechstunde,
- Entgegennahme von Beschwerden.
Darüber hinaus besteht der Anspruch auf Arbeitsbefreiung nur insoweit, als es nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Amtsausübung erforderlich ist. Ob und inwieweit eine Tätigkeit für die ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist, ist nach einem objektiven Beurteilungsmaßstab festzustellen. Es ist danach zu fragen, ob und inwieweit das Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Überprüfung und unter Abwägung der Interessen des Betriebes, des Betriebsrates und der Belegschaft die Arbeitsbefreiung für notwendig halten durften, um seine Aufgaben entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Diesbezüglich besteht allerdings ein gewisser Beurteilungsspielraum des Betriebsratsmitglieds.
Der Umfang der Arbeitsbefreiung hängt dabei insbesondere davon ab, welche Funktion das Betriebsratsmitglied innerhalb des Betriebsrats ausübt bzw. welche Aufgaben ihm durch den Betriebsrat übertragen wurden. Darüber hinaus sind auch die Betriebsgröße, die Eigenart des Betriebes und die derzeit konkret anstehenden Aufgaben und Aktivitäten für die Beurteilung der Erforderlichkeit ausschlaggebend.
Abmeldung für Betriebsratsarbeit nötig, Zustimmung vom Chef nicht
Soweit diese beiden Voraussetzungen vorliegen, ist das Betriebsratsmitglied in entsprechendem Umfang von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleitung kraft Gesetzes befreit. Eine gesonderte Zustimmung zur Arbeitsbefreiung durch den Arbeitgeber oder durch den Vorgesetzten ist nicht erforderlich.
Achtung!
Ein Betriebsratsmitglied ist dazu verpflichtet, sich vor Beginn der Betriebsratstätigkeit bei seinem Vorgesetzten abzumelden. Bei der Abmeldung hat das Betriebsratsmitglied dem Vorgesetzten die voraussichtliche Dauer und den Ort der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit, nicht jedoch den Gegenstand der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Das Betriebsratsmitglied ist ferner zur Rückmeldung bei seinem Vorgesetzten nach Beendigung der Betriebsratstätigkeit verpflichtet. Verstöße gegen die Ab- und Rückmeldepflicht können abgemahnt werden.
Der Arbeitgeber muss das Arbeitsentgelt während der Arbeitsbefreiung weiterzahlen (§ 37 Abs. 2 BetrVG). Diesbezüglich gilt das Lohnausfallprinzip, d.h. es ist das Arbeitsentgelt zu zahlen, was das Betriebsratsmitglied ohne die Arbeitsbefreiung bekommen hätte. Dazu gehören auch sämtliche Zuschläge, Zulagen und allgemeine Zuwendungen, soweit diese fällig wären.
Grundsätzlich soll die Betriebsratsarbeit während der Arbeitszeit erfolgen. Der Arbeitgeber hat insoweit grundsätzlich durch organisatorische Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass die Betriebsratsmitglieder ihre Aufgaben während der Arbeitszeit erfüllen können. Trotzdem kann es vorkommen, dass eine Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt wird. Zum Ausgleich haben Betriebsratsmitglieder in diesem Fall einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich (§ 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG).
Dieser Ausgleichsanspruch setzt voraus, dass Betriebsratsarbeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt worden ist.
Die Betriebsratstätigkeit muss gerade aufgrund betriebsbedingter Gründe außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitgliedes geleistet worden sein. Betriebsbedingte Gründe sind insbesondere solche, die sich aus der Eigenart des Betriebs, der Gestaltung des Arbeitsablaufs bzw. der Beschäftigungslage ergeben. Die Ursache muss dem Arbeitgeber zurechenbar sein.
Praxistipp:
Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann (§ 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG), was beispielsweise in Schichtbetrieben häufig der Fall ist.
Die Arbeitsbefreiung ist unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts vor Ablauf eines Monats zu gewähren. Wenn dieser Anspruch aus betriebsbedingten Gründen nicht innerhalb eines Monates erfüllt werden konnte, ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit bzw. Überstunden zu vergüten (§ 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG). Sofern die Mehrarbeit bzw. Überstunden für den betreffenden Mitarbeiter in dem Betrieb zuschlagspflichtig ist, sind auch die entsprechenden Zuschläge zu zahlen.