ChatGPT, Bard und ähnliche generative Werkzeuge mit Künstlicher Intelligenz (KI) sind derzeit in aller Munde. Und viele Menschen haben die Tools schon selbst ausprobiert und waren verblüfft, wie gut es oft funktioniert und brauchbare Auskünfte erteilt bzw. Texte damit erstellt werden. Demzufolge stellen sich auch Arbeitnehmer und Betriebsräte derzeit vielerorts die Frage, ob und inwieweit sie ChatGPT und Co. im Rahmen ihrer Arbeit nutzen können und dürfen.
Einfache Nutzung für textbasierten Content
Vor allem, wenn es um die Erstellung von textbasiertem Content geht, kann ChatGPT blitzschnell weiterhelfen und dem User eine Menge Gehirnschmalz ersparen. Beispielsweise wenn die Chefin den Kollegen im Marketing darum bittet, einen konkreten Werbetext zu schreiben. Oder wenn der Betriebsrat eine Vorlage für eine neue Betriebsvereinbarung zu einem bestimmten Thema benötigt. Doch auch wenn die Nutzung so einfach ist und die Ergebnisse auf Knopfdruck geliefert werden, sollten man einige Aspekte bei der Anwendung von solchen KI-Tools bedenken.
Keine Garantie für inhaltliche Richtigkeit
Zu vielen Themen liefert ChatGPT zwar schon zuverlässig richtige Antworten. Das KI-Tools wird von dem Entwicklerunternehmen OpenAI, an dem auch Microsoft (indirekt) beteiligt ist, ständig weiterentwickelt und bildet sich zudem auch selbständig fort. Allerdings beruhen die generierten Auskünfte hauptsächlich auf Daten bis zum Jahr 2021. Selbst OpenAI weist auf technische Probleme hin, die auch bei der aktuellen Version ChatGPT-4 noch bestehen. Insofern besteht keine Garantie, dass die erzeugten Inhalte auch tatsächlich richtig bzw. aktuell sind. Daher sollte man sich nicht auf die automatisch erstellten Aussagen des KI-Tools verlassen. Insbesondere in Bereichen, in denen ein Höchstmaß an Aktualität und Genauigkeit erforderlich ist, sollten die Systeme nur mit gebotener Vorsicht angewendet werden.
Rechtliche Zulässigkeit im Arbeitsverhältnis
Unabhängig von diesen „technischen Kinderkrankheiten“ ist aber arbeitsrechtlich fraglich, ob und inwiefern Mitarbeiter solche Tools bei der Arbeit überhaupt verwenden dürfen. Grundsätzlich unproblematisch ist das möglich, wenn der Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT im Rahmen des Arbeitsverhältnisses offiziell erlaubt hat. Insbesondere darf der Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT durch die Mitarbeiter im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 GewO einführen.
Aber auch ohne konkrete Weisung des Arbeitgebers ist die Nutzung von ChatGPT durch Arbeitnehmer nicht per se unzulässig. Bei der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung handelt es sich nach § 613 BGB zwar um eine persönliche Verpflichtung. Da KI-Tools aber jedenfalls nach bisheriger Auffassung keine dritte Person, sondern lediglich ein Arbeitsmittel darstellt, spricht insofern nichts dagegen.
Allerdings könnte eine Auskunftspflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bestehen, jedenfalls wenn dieser ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an einer Mitteilung hat. Dies könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer seine Aufgaben überwiegend mithilfe von KI-Tools erledigt oder dem Arbeitgeber erkennbar eine eigene geistige Leistung des Arbeitnehmers wichtig ist.
Möglich und rechtlich zulässig ist aber auch, dass der Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT im Rahmen des Arbeitsverhältnisses aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 GewO verbietet. In diesem Fall sollten sich Arbeitnehmer hieran halten. Anderenfalls müssen sie mit einer Abmahnung oder sogar weitergehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie beispielsweise einer Kündigung oder ggf. auch Schadensersatzansprüchen rechnen.
Datenschutzrechtliche Bedenken
Insbesondere datenschutzrechtliche Aspekte könnten den Arbeitgeber dazu veranlassen, die Nutzung von ChatGPT zu untersagen. Denn sämtliche Daten werden in den USA gespeichert, und zwar nicht nur durch OpenAI, sondern auch durch z.T. unbekannte Service-Provider. Darüber hinaus sind die technischen und organisatorischen Datenschutzmaßnahmen von OpenAI weitgehend unbekannt und intransparent. Allein aus diesen Gründen bestehen gegen die Verarbeitung von personenbezogenen Daten erhebliche Bedenken. Da sämtliche in Chats eingegebenen Daten bis dato aber potenziell weiterverwendet werden können – etwa zum Training der Engine -, besteht auch die Gefahr des Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (wie etwa das Beispiel Samsung zeigt). Hinzu kommt, dass OpenAI bisher keine offiziellen Firmenaccounts anbietet (ein Geschäftskundenzugang namens ChatGPT Business ist Meldungen zufolge in Planung). Vielmehr ist lediglich die Erstellung eines privaten Accounts möglich, wofür die Angabe von Name, E-Mail-Adresse und Telefonnummer notwendig sind.
Rechtliche Zulässigkeit bei der Betriebsratsarbeit
Auch für die praktische Betriebsratsarbeit bieten ChatGPT und Co. interessante Möglichkeiten. Als Anwendungsbereiche kommen insbesondere die Einholung von fachlichen Auskünften und die Erstellung von Entwürfen in Betracht. Beispielsweise könnte der Betriebsrat nach entsprechenden Eingaben in ChatGPT einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung, ein Widerspruchsschreiben oder ein Informationsschreiben an die Belegschaft generieren lassen. Dadurch hat der Betriebsrat schon innerhalb weniger Sekunden einen guten Ausgangstext für das entsprechende Dokument vorliegen. Je spezieller das Thema ist und je spezieller die Bedürfnisse sind, desto eher wird man als Betriebsrat die KI-generierten Inhalte noch anpassen und umformulieren müssen.
Informations- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Einerseits kann der Einsatz von KI-Tools im Arbeitsverhältnis zwar eine erhebliche Vereinfachung der Arbeit darstellen. Andererseits befürchten viele Arbeitnehmer, dass ihr Arbeitsplatz bzw. erhebliche Teile ihrer Arbeit durch KI wegfallen und ersetzt werden.
Soweit durch den Einsatz von KI-Tools Arbeitsplätze abgebaut werden, stellt sich die Frage nach der sozialen Rechtfertigung von betriebsbedingten Kündigungen. Je nach Umfang des Stellenabbaus könnte es sich dann um eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG handeln. Je nachdem, in welchem Umfang KI-Tools im Betrieb zum Einsatz kommen, könnte zudem eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 5 BetrVG vorliegen. Im Falle einer Betriebsänderung hat der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, mit dem Betriebsrat darüber zu beraten sowie einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln und abzuschließen.
Noch unklar ist, ob die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG greifen. Einerseits betrifft die Weisung des Arbeitgebers zur Nutzung von ChatGPT das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten und nicht das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten. Andererseits wird die (teilweise) private Nutzung von Arbeitsmitteln als mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG angesehen. Da nach derzeitigem Stand die Informationen, die durch die Nutzung von ChatGPT entstehen, für den Arbeitgeber grundsätzlich nicht zugänglich sind, können sie vom Arbeitgeber auch nicht konkret zur Überwachung von Arbeitnehmern herangezogen werden. Insofern spricht einiges dafür, dass auch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht einschlägig ist.
Allerdings wurde durch das im Juni 2021 in Kraft getretene Betriebsrätemodernisierungsgesetz die Einbindung des Betriebsrats beim Einsatz von KI im Betrieb gestärkt. Denn darin ist klargestellt, dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen beim Einsatz von KI für den Betriebsrat als erforderlich gilt (§ 80 Abs. 3 Satz 2 BetrVG), dass die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen auch im Falle des Einsatzes von KI im Betrieb gelten (§ 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) und dass die Rechte des Betriebsrats auch bei der Aufstellung von Auswahlrichtlinien mithilfe von KI gelten (§ 95 Abs. 2a BetrVG).
Fazit und Ausblick
KI-Tools wie ChatGPT werden die Arbeitswelt und die Arbeitsweise von Beschäftigten immer mehr beeinflussen und in manchen Bereichen ggf. sogar revolutionieren. Angesichts der enormen Vorteile, aber auch bestehender Nachteile sollten sich alle Akteure im Betrieb – also Arbeitgeber, Betriebsräte und Arbeitnehmer – damit auseinandersetzen und gegebenenfalls entsprechende Spielregeln für die Nutzung im Betrieb festlegen. Das schafft jedenfalls Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Auf jeden Fall wird man das Thema laufend im Auge behalten müssen. Denn neben permanenten technischen Verbesserungen bei diesen Tools arbeitet der europäische Gesetzgeber nämlich gerade an KI-Regularien (sog. AI-Act) sowie einer KI-Haftungsrichtlinie. Vorgesehen ist dabei etwa, dass generative Tools zusätzliche Transparenzanforderungen erfüllen müssen – etwa Hinweise, dass ein Inhalt per KI generiert wurde oder eine Zusammenfassung der urheberrechtlich geschützten Daten, die für Lernfortschritte der Engine benutzt wurden. Es bleibt also spannend.
Ps. Übrigens wurde dieser Beitrag nicht von bzw. auch nicht mithilfe von ChatGPT erstellt 😉