Im Streitfall ging es um einen Vertriebler, der seit 2014 ohne Beanstandungen für seinen Arbeitgeber tätig gewesen war. Im August 2018 erhielt der Mann dann – ebenso wie der übrige Außendienst der Firma – die Mitteilung, dass in sämtliche Dienstwagen eine Telematik-Box eingebaut werden soll, mit deren Hilfe eine Echtzeit-Ortung des Fahrzeugs ermöglicht und umfangreiche Details zu Fahrweise und -ablauf getrackt werden könnten.
Das wollte der Mann nicht und ließ dem Arbeitgeber laut Gerichtsangaben über seinen Anwalt mitteilen, er verweigere „ausdrücklich die Einwilligung sowohl in die Montage der Telematik-Box als auch in deren Inbetriebnahme“. Zur Begründung verweis er u.a. darauf, dass er den Einsatz einer fortlaufenden GPS-Ortung „für datenschutzrechtlich unzulässig“ halte. Von der Firma verlangte er daher, auf die Einführung des Systems zu verzichten.
Nachdem er Ende August eine Abmahnung erhalten hatte und aufgefordert worden war, binnen Wochenfrist „von seiner Ablehnungserklärung zumindest hinsichtlich der Montage schriftlich Abstand zu nehmen“ beantragte der Mann vor Gericht, die Firma „zur Unterlassung des Einbaus zu verurteilen, hilfsweise zur Unterlassung der Erfassung und Speicherung der Standortdaten“.
Anfang Oktober nahm der Mitarbeiter dann einen per Mail anordneten Termin zum Einbau der Box zwar wahr, verließ die Werkstatt aber unverrichteter Dinge wieder. Folge: Die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.
Erheblicher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers
Vor Gericht hatte der Rauswurf dann allerdings keinen Bestand. Zwar könne eine „nachhaltige rechtswidrige und schuldhafte Arbeitsverweigerung“ per se ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 BGB für eine fristlose Kündigung sein. Ein solcher sei hier aber nicht gegeben, heißt es u.a. in der Urteilbegründung. Zum einen nämlich hätte die Firma dem sog. Ultima-Ratio-Prinzip folgend zunächst zu milderen disziplinarischen Mitteln greisen müssen; zum anderen habe sich der Arbeitgeber selbst „nicht konsequent“ verhalten und es nach Ausspruch der Abmahnung nicht weiter sanktioniert, dass der Mitarbeiter die Erklärungsfrist verstreichen ließ.
Erschwerend komme hinzu, dass „die von der Beklagten zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung beabsichtigte Datenerhebung und Datennutzung gegen die DS-GVO bzw. BDSG verstoßen würde“, so die Kammer weiter.
Insgesamt sei die fristlose Kündigung daher „nicht gerechtfertigt“ und „unwirksam“. Und auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei nicht statthaft, da zwar eine Pflichtverletzung vorlegen habe, eine Entlassung nach Abwägung aller Interessen aber „unverhältnismäßig“ erscheine.
Ausführlich ging das Arbeitsgericht Heilbronn in der Entscheidung auf die Frage ein, unter welchen Umständen das Fahrten-Tracking mittels Telematik-Box überhaupt zulässig ist:
„Die Speicherung und Nutzung der von einer in das Dienstfahrzeug eines Außendienst-Mitarbeiters eingebauten Telematik-Box erfassbaren und speicherbaren Daten stellt einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dar, wenn dies nicht erforderlich ist“. Rechtsgrundlage sei hier § 26 BDSG, der „eine spezifischere Norm im Sinne des Artikel 88 Abs. 1 DS-GVO darstellt“.
Informationsinteresse des Arbeitgebers überwiegt nicht
Entsprechend sei eine Einschränkung des arbeitnehmerseitigen Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nur dann erlaubt, wenn das Informationsinteresse des Arbeitgebers überwiege und die Datenverarbeitung zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses auch „erforderlich“ sei. Daran fehle es im Streitfall aber.
Zwar sei es legitim, Reisekosten, Nutzungszeiten, Wartungsintervalle etc. besser planen, nachhalten und abrechnen zu wollen. Dazu stünden der Firma im Wege des Direktionsrechts aber andere Möglichkeiten zur Verfügung. Sie müsse jedenfalls „nicht mit dem schärfsten theoretisch möglichen Mittel einer Totalüberwachung vorgehen“. Dies, zumal dauerhaftes Tracking jeglicher jeglicher Fahrweise und -zeiten einen „psychischen Anpassungsdruck“ fördere, „der zu einer Hemmung der Freiheit der Betroffenen führt, ihr Handeln aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu gestalten“.
Gegen die Entscheidung ist Berufung vor dem Landesarbeitsgericht zulässig.
Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 30.01.2019 (Az.: 2 Ca 360/18).