In dem Verfahren ging es um einen Schichtleiter in einem metallverarbeitenden Betrieb, der Mitte Dezember 2016 gemeinsam mit zwei Kollegen eine Einladung zu einer Betriebsversammlung zur erstmaligen Mal eines Betriebsrates unterschrieben hatte. Ende des Monats sowie im Januar 2017 war dem Mann dann jeweils außerordentlich gekündigt worden. Zudem hatte er Hausverbot erhalten.
Nachdem er gegen beide Entlassungsversuche Kündigungsschutzklage eingelegt hatte, beantragte der Mann vor Gericht zudem, dass ihm der Zugang zur Ende Januar stattfindenden Betriebsversammlung gewährt werde. Da das Arbeitsgericht der Klage stattgab, legte der Arbeitgeber Beschwerde vor dem LAG ein – und unterlag auch dort.
Wie es in der Begründung der Rostocker Richter u.a. heißt, darf laut § 20 Abs. 1 Satz 2 BetrVG kein Arbeitnehmer in der Ausübung seines aktiven und passiven Wahlrechtes beschränkt werden. Das umfasse „unstreitig auch die Einberufung und Durchführung der Wahlversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes“. Die Behauptung des Arbeitgebers hingegen, der Mitarbeiter habe bei fehlender Teilnahme an der Versammlung keinerlei Nachteile, da er immer noch für die Wahl selbst kandidieren könne, verwarf das LAG hingegen. Denn das Behinderungsverbot im Gesetz greife in jeden Fall, in dem „ein Wähler, Wahlkandidat oder sonstiger an der Wahl Beteiligter in der Ausübung seiner Rechte, Befugnisse oder Aufgaben beeinträchtigt oder beschränkt wird“.
Überdies, so der Senat weiter, stünde die Versammlung gemäß § 17 Abs. 3 i.V.m. § 42 Abs. 1 BetrVG prinzipiell allen Arbeitnehmern des Betriebes offen: „An der Beachtung dieser Zutrittsrechte ist auch der grundsätzlich das Hausrecht ausübende Arbeitgeber gem. § 20 Abs. 1 BetrVG gebunden.“ Denn Hausherr der Versammlung sei eben nicht die Geschäftsführung, sondern der Kreis der Wahlinitiatoren bzw. später der Versammlungsleiter.
Zutrittsrecht zur Betriebsversammlung unabhängig von Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage
Und auch die Tatsache, dass dem Mann gekündigt worden sei, erlaube keine andere Rechtsauslegung, heißt es in dem Beschluss. Anders nämlich als bereits amtierende Betriebsratsmitglieder, die nach fristloser Kündigung und Klage dagegen wegen unklarer Beschäftigungsperspektive in ihrer Mandatsausübung verhindert sein können, ist beim Teilnahmerecht an der Versammlung „als weitere Anspruchsvoraussetzung die offensichtliche Unwirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung nicht erforderlich“. Das, zumal es um einen „einmaligen und zeitlich begrenzten“ Akt der Willensbildung innerhalb der Arbeitnehmerschaft gehe und bei Betriebsversammlungen auch ansonsten verhinderte Arbeitnehmer, die etwa in Urlaub, krank oder in Eltern- bzw. Pflegezeit sind, teilnehmen können.
Beschluss der Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 30.01.2017 (Az.: 3 TaBVGa 1/17).