Zwischen Betriebsrat und Führungsebene des Betriebs kommt es mitunter zu Konflikten bei der Frage, ob Anweisungen vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt und von ihm daher einseitig ausgesprochen werden können, oder ob der Betriebsrat in der jeweiligen Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht hat. Das war auch bei einem Automobilzulieferer mit gut 200 Arbeitnehmer der Fall. Stein des Anstoßes: ein Aushang, mit dem die Standortleitung im November 2021 die private Handynutzung am Arbeitsplatz verbot.
Da die Sache mitbestimmungspflichtig sei, verlangte das Gremium vom Arbeitgeber, mit ihm über die konkrete Ausgestaltung der Regeln für die Smartphon-Nutzung zu sprechen und das Verbot einstweilen zurückzunehmen. Als das Unternehmen sich weigerte, stellte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht einen Unterlassungsantrag. Dort fand er allerdings mit seiner Rechtsauffassung kein Gehör. Auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschied, die Weisung betreffe ganz überwiegend das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten der Beschäftigten – nämlich die private Handynutzung während der Arbeitszeit – und eben nicht das mitbestimmungspflichtige Ordnungsverhalten.
Daran ändere auch die Tatsache nicht, dass es in der Produktion mitunter zu Leerlaufzeiten komme, so die Richter in Hannover seinerzeit. Und auch mit Radiohören sei die Handynutzung nicht zu vergleichen, denn dabei könne man durchaus seiner Arbeit nachgehen.
Dem folgte der erste Senat am BAG nun und wies die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ab, wie dem heute veröffentlichten Sitzungsergebnis zu entnehmen ist. Ob die obersten Richter auch auf die Frage eingehen, was im Fall von dringenden familiären Angelegenheiten gilt, ist derzeit unklar. Der Volltext des Beschlusses – mit den Entscheidungsgründen – wird in einigen Wochen erwartet.
Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 17.10.2023 (Az.: 1 ABR 24/22).
Vorinstanz: Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13.10.2022 (Az.: 3 TaBV 24/22).
Info
Nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte unterliegt nur das Ordnungsverhalten der Mitbestimmung des Betriebsrats, also alle Maßnahmen, die dazu dienen, das sonstige Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb zu beeinflussen oder zu koordinieren. Keine Mitbestimmung besteht hingegen beim Arbeitsverhalten. Dabei handelt es sich um Vorgaben, die die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren. Allerdings können beide Aspekte zugleich berührt werden.
In unserem Praxis-Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz schreibt Dr. Rüdiger Helm dazu weiter:
„Ist von einer Maßnahme sowohl das Arbeits- wie auch das Ordnungsverhalten betroffen, wie das z.B. bei Namensschildern der Fall ist, kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt (BAG, 11.06.2002 – 1 ABR 46/01). Bei Namensschildern überwiegt das Ordnungsverhalten, da es nicht darum geht, wie gearbeitet wird, sondern auf das Erscheinungsbild der Beschäftigten und die Entanonymisierung von deren Auftreten gegenüber Dritten abgezielt wird.
Hieraus leitete das BAG den Grundsatz ab, dass Mitbestimmung dann besteht, wenn die betriebliche Regelung bei objektiver Betrachtung das Ordnungsverhalten betrifft, auch wenn sie sich nachrangig auch Bereiche des Arbeitsverhaltens berührt.“