Jede(r) dritte Beschäftigte hat im Berufsleben schon einmal Altersdiskriminierung erlebt. Das zeigen Ergebnisse aus einer Umfrage, die das Job-Netzwerk XING in seiner Diversity Studie 2024 veröffentlicht hat.

Etwa ein Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Alter von über 50 Jahren hat eigenen Angaben zufolge bereits Altersdiskriminierung oder -benachteiligung am Arbeitsplatz erlebt. Das geht aus einer Umfrage hervor, die das Marktforschungsinstitut Appinio im Auftrag des Job-Netzwerks XING anlässlich des Deutschen Diversity Tages durchgeführt hat. Befragt wurden dabei 1.000 Berufstätige 50 Jahren; das Durchschnittsalter betrug 65,2 Jahre.

Demnach berichtet mehr als ein Viertel (28 Prozent) der Teilnehmenden von Nachteilen im Berufsleben, die im Zusammenhang mit dem eigenen Alter stehen. Bei den 50- bis 67-Jährigen, die überwiegend noch erwerbstätig sind, steigt dieser Anteil auf 34 Prozent, heißt es in einer Mitteilung weiter. Knapp jede(r) Fünfte (18 Prozent) empfand die Benachteiligung demnach als sehr stark, und jede(r) Zweite (51 Prozent) als eher stark. In der Mehrheit der Fälle (52 Prozent) haben die Betroffenen konkret „eine Mischung aus emotionaler und struktureller Diskriminierung erlebt“.

Als strukturelle Diskriminierung, die von gut einem Fünftel wahrgenommen wurde, bezeichnen die Autorinnen und Autoren  „altersbeschränkende Regeln, Vorschriften oder Kriterien“ – wie etwa eine Aufgabenzuweisung, die unter dem eigenen Qualifikationsniveau lag. Frauen waren in dieser Gruppe offenbar häufiger betroffen als Männer (47 zu 38 Prozent). Bei Männern spielt bei den strukturellen Benachteiligungen demgegenüber offenbar häufiger eine Beschränkung des Aufgabenbereichs eine Rolle (47 gegenüber 35 Prozent bei Frauen). Weitere Problemfelder sind laut XING ausbleibende Angebote für Fort- oder Weiterbildungen sowie ein Verzicht auf Beförderungen zugunsten Jüngerer.

Auf emotionaler Ebene gab ebenfalls gut ein Fünftel an, soziale Ausgrenzung oder persönliche Beleidigungen erfahren zu haben.

Altersdiskriminierung: My boss, the bully

Augenfällig ist, dass über die Hälfte der Befragten (57 Prozent) angaben, diskriminierende Handlungen gingen „von der Führungskraft aus“. Von Kolleginnen und Kolleginnen auf der gleichen Hierarchieebene sagten dies hingegen gerade einmal gut ein Drittel (34 Prozent). Für Thomas Kindler, Managing Director von XING ist das beunruhigend: „Dass in der Mehrheit der Fälle die Führungskraft diejenige ist, von der die Diskriminierung ausging, ist alarmierend“, so Kindler. Statt Beschäftigte „schrittweise auf das berufliche Abstellgleis“ zu schieben, gelte es „bewährte Arbeitskräfte zu unterstützen und ihre Erfahrung wertzuschätzen“.

Die Betroffenen selbst reagieren offenbar nur zum Teil auf negative Erfahrungen: Den Zahlen zufolge haben etwa 54 Prozent trotz entsprechender Erlebnisse nicht dagegen unternommen. Etwa 20 Prozent hätten sich „intern“ beim Arbeitgeber beschwert und rund 19 Prozent das jeweilige Unternehmen verlassen. Kindler dazu: „Angesichts des Fachkräftemangels können es sich Unternehmen weniger denn je leisten, ältere Arbeitnehmer auszugrenzen“. Unternehmen ist aus seiner Sicht vielmehr anzuraten, „das Potenzial an Wissens- und Perspektivvielfalt zu nutzen und die Zusammenarbeit verschiedener Altersgruppen aktiv zu fördern“.

Info

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet jede Benachteiligung wegen des Alters (§§ 1, 7 AGG) und erlaubt Ausnahmen nur unter besonderen, in § 10 AGG geregelten Voraussetzungen.

In Betrieben mit Betriebsrat hat dieser laut § 80 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die allgemeine Aufgabe, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern.

Ergänzt wird diese Regelung durch § 75 Abs. 1 Satz 2 BetrVG und § 96 Abs. 2 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat darauf zu achten, dass Arbeitnehmer nicht wegen ihres Alters – insbesondere wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen – benachteiligt werden. Darüber hinaus hat das Gremium auch dafür zu sorgen, dass ältere Arbeitnehmer bei Maßnahmen der Berufsbildung (weiterhin) berücksichtigt werden.

Hinweis: Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet auf ihrer Website ein Tool mit dem Namen „Diskriminierungs-Check“, das weitere Hinweise und Handlungsoptionen bei (möglicher) Altersdiskriminierung im Berufsleben bietet.

 

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