Insgesamt dreimal kündigte der Autovermieter Sixt einer Mitarbeiterin, die sich für eine Betriebsratswahl einsetzt hatte, fristlos und hilfsweise ordentlich. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat die Entlassungen nun – wie schon die Vorinstanz – allesamt aus unterschiedlichen Gründen für unwirksam erklärt (Az.: 10 Ca 4119/21).

Im Streitfall ging es um eine Mitarbeiterin der Autovermietung, die am Flughafen Düsseldorf arbeitet. Dort hatte sie am 20.08.2021 gemeinsam mit zwei Kolleginnen zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Auf der Tagesordnung stand die Wahl eines Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl. Am 27.08. wurde ihr gekündigt, weil sie trotz einschlägiger Abmahnungen wiederholt zu spät zur Arbeit gekommen sei.

Die Betriebsversammlung selbst sollte dann am 21.09. stattfinden. 15 Beschäftigte folgten der Einladung. Da der angemietete Raum jedoch hinsichtlich der seinerzeit geltenden Corona-Schutzvorschriften zu klein war, bot das Unternehmen den Beschäftigten kurzfristig andere Räume an. Die aber suchten die Arbeitnehmer nicht auf, sondern sagten die Versammlung ab. Sixt kündigte der Frau daraufhin erneut und argumentierte, sie und ihre Kolleginnen hätten absichtlich einen zu kleinen Raum angemietet, um sicher zu sein, dass die Versammlung nur mit wenigen Beschäftigten stattfinden kann – und sie sich selbst zum Wahlvorstand hätten wählen können. Ziel der Absage sei es gewesen, sich vom Arbeitsgericht per Beschluss als Wahlvorstand einsetzen lassen.

Am 09.12. betrat die bereits fristlos gekündigte Mitarbeiterin schließlich ohne Absprache den Backoffice-Bereich der Filiale und hängte dort eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung aus. Die Arbeitgeberin sah darin einen Hausfriedensbruch und sprach die dritte fristlose Kündigung aus. Vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf kam die Firma damit jedoch nicht durch (wir berichteten). Zur Begründung hieß es u.a., die Arbeitnehmerin genieße als Betriebsratswahlinitiatorin besonderen Kündigungsschutz.

„Harte Bandagen“ aber kein Kündigungsgrund

Dieser Rechtsauffassung schloss sich nun auch das LAG an: Demnach war die erste Kündigung (Zuspätkommen) „rechtsunwirksam, weil es einer erneuten Abmahnung bedurft hätte“ . Dies, zumal die Beschäftigte trotz vorheriger Abmahnung „regelmäßig zu spät kam, ohne dass dies Folgen hatte“. Überdies habe die Arbeitnehmerin als Wahlbewerberin Sonderkündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3a KSchG.

Auch die zweite Kündigung (angeblich vorsätzliches ‚Platzenlassen‘ der Betriebsversammlung) ging nach Ansicht der Kammer ins Leere, da „keine zur Kündigung berechtigende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung“ vorgelegen habe. Ein etwaiger Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten als Betriebsratswahlinitiatorin berechtigte den Arbeitgeber nämlich nicht zu individualarbeitsrechtlichen Sanktionen wie einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Für die dritte Entlassung (mutmaßlicher Hausfriedensbruch) liegt laut Gericht zwar „an sich ein Kündigungsgrund vor“. Die gebotene Interessenabwägung fiele dabei jedoch „zu Gunsten der Klägerin aus“. So habe der Arbeitgeber „im Zusammenhang mit dem Versuch der Bildung eines Betriebsrats mit ‚harten Bandagen‘ gespielt“, weshalb es „nachvollziehbar“ erscheine, dass „in einer solchen Situation auf Seiten der Arbeitnehmerinnen der Eindruck entstehe, dass beabsichtigt sei, einen möglichen Wahlvorstand aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen“. Auch dieser Rauswurf der Betriebsratswahlinitiatorin sei damit unter Betrachtung aller Umstände nicht wirksam.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.11.2022 (Az.: 8 Sa 243/22).

Vorinstanz: Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.02.2022 (Az.: 10 Ca 4119/21).

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