Nicht die Stechuhr will das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung zur Arbeitszeitkontrolle wiederbeleben, sondern es verlangt ein nachvollziehbares Erfassen der individuellen Arbeitszeiten. So analysiert Dr. Peter Wedde, emeritierter Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences, das Urteil zur Zeiterfassung und fordert gesetzliche Vorschriften.

Wedde weist auf die Verlässlichkeit, Zugänglichkeit und Objektivität der in Betrieben wie Dienststellen einzuführenden Systeme zur Zeitmessung hin. Nicht zuletzt müssten diese Arbeitszeitkontrollen „auch bei speziellen Ausgestaltungen wie der sogenannten Vertrauensarbeitszeit oder bei Tätigkeiten auf Basis vereinbarter Zielvorgaben zum Einsatz kommen“.

Dem unter Umständen erhöhten Aufwand für das Einführen der Systeme und Prozesse zum Messen der Arbeitszeit auf Seiten der Arbeitgeber, stehe ein positiver Aspekt gegenüber: Aus Sicht des Experten wird das Messen „der tatsächlichen Arbeitszeiten dazu beitragen, dass … Höchstarbeitszeiten und … Ruhezeiten besser eingehalten werden als bisher“. Dadurch würde die Zahl der Krankheitstage vermindert.

An der praktischen Durchführbarkeit der Arbeitszeiterfassung hat Peter Wedde keinen Zweifel. In vielen Unternehmen gäbe es Erfassungssysteme, die den Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entsprächen.

Für den Arbeitsrechtler Wedde, der auch Experte für Recht der Informationsgesellschaft ist, geht es übrigens nicht um „eine minutiöse Dokumentation jeder Arbeitshandlung“. Die Arbeitszeitkontrolle muss die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten achten. Alles andere „wäre unzulässig“. Der Fachmann für das Datenschutzrecht von Beschäftigten fordert „umgehend gesetzliche Rahmenbedingungen zu Art und Umfang von Arbeitszeitmessungen“. An diesen müssten sich Arbeitgeber, Mitarbeitende und die jeweiligen Interessenvertretungen orientieren können. Er betont: „Ohne klare gesetzliche Vorschriften droht ein Wildwuchs an Ausgestaltungen, der den angestrebten Arbeitszeitschutz nicht herbeiführen wird.“

Gesetzentwurf im ersten Quartal 2023?

Der DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte fordert ebenfalls den Gesetzgeber zum Handeln auf. Diese Interessenvertretung verweist darauf, dass bei der Arbeitszeiterfassung nach Art. 17 Abs. 1 Nr. a) der Richtlinie 2000/88/EG für „leitende Angestellte und sonstiger Personen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis“ eine Ausnahme gemacht werden kann. Diese Ausnahme erfordere „eine schnellstmögliche klarstellende und eindeutige gesetzliche Regelung, die … die aufgetretenen Diskussionen beendet.“

Unterdessen hat das Bundesarbeitsministerium angekündigt, man wolle „voraussichtlich im ersten Quartal 2023 (…) einen praxistauglichen Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz machen“.

 

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