Übernimmt das Jobcenter für Bezieher von Bürgergeld (ehemals Hartz IV) die Kaltmiete, die Heiz- und die Betriebskosten, gibt es – abhängig von der Personenzahl im Haushalt – kommunal festgelegte Angemessenheitsgrenzen. In begründeten Fällen müssen jedoch auch Kosten oberhalb dieser Grenze getragen werden. So hat es das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem Eilverfahren beschlossen (Az.: L 13 AS 185/23 B ER).

Angestrengt hatte das beschleunigte Verfahren eine alleinstehende Frau mit fünf Kindern. Diese sind zwischen 9 und 22 Jahren alt. Der Älteste ist schwerbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Das Zuhause der Familie ist eine 83 Quadratmeter große Wohnung mit vier Zimmern im 1. Obergeschoß. Einen Fahrstuhl besitzt das Mehrfamilienhaus nicht. Der auf den Rollstuhl angewiesene Sohn muss daher durch das Treppenhaus getragen werden, um die Wohnung verlassen zu können.

Daher suchte die Familie eine barrierefreie Wohnung in passender Größe und wurde schließlich fündig. Während die zentrale Fachstelle Wohnen die Anmietung befürwortete, lehnte das Jobcenter Bremen die erforderliche Mietkostenübernahme ab. Die Frau leitete daher ein Eilverfahren gegen das Jobcenter ein, damit dieses ihr zusichere, die Miete zu übernehmen. Das Sozialgericht Bremen bestätigte erstinstanzlich allerdings die Absage des Jobcenters. Grund: Die Miete sei selbst nach einem Preisnachlass mit 1.425,60 EUR hoch, da die offizielle Angemessenheitsgrenze in Höhe von 1.353,00 EUR um 75,60 EUR überschritten werde. Zudem habe die Antragstellerin in der Vergangenheit bereits eine andere geeignete Wohnung abgelehnt.

Gegen den Beschluss des Sozialgerichts legte die Frau Beschwerde ein – mit Erfolg. Das LSG Niedersachsen-Bremen hob den Beschluss des Sozialgerichts Bremen auf. Das Jobcenter wurde „im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin die Übernahme der Unterkunftskosten der Wohnung … gemäß dem Angebot … zuzusichern“.

Der 13. Senat begründete seinen Beschluss unter anderem damit, „dass die höheren Kosten aufgrund der familiären Besonderheiten nicht unangemessen seien“. Zum einen sei der Zugang zum Wohnungsmarkt für Menschen mit Behinderung ohnehin erschwert, zum anderen sei das Angebot für größere Familien auch eher eingeschränkt. Die Chancen einer sechsköpfigen Familie, eine rollstuhlgerechte Wohnung zu finden seien gering. Dies habe auch die Zentrale Fachstelle Wohnen bestätigt.

Das Jobcenter-Argument, die gefundene Wohnung deshalb abzulehnen, weil die Antragstellerin es in der Vergangenheit „an ausreichenden Bemühungen bei der Wohnungssuche habe fehlen lassen“, ließ das LSG nicht gelten. Der schwerbehinderte Sohn müsse nicht wegen unzureichender Anstrengungen seiner Mutter in einer ungeeigneten Wohnung bleiben.

Beschluss des Landessozialgericht Niedersachsen Bremen vom 13.10.2023 (Az.: L 13 AS 185/23 B ER)

Vorinstanz: Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 10.08.2023 (Az.: S 36 AS 815/23 ER).

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