In den Tarifverhandlungen liegen Forderungen und Angebote oftmals weiter auseinander als in der Vergangenheit. Eine Ausnahme oder eher künftig die Regel, wurden die beiden tarifpolitischen Experten gefragt.
Stefan Schaumburg, Leiter des Funktionsbereichs Tarifpolitik der IG Metall, konzedierte, dass es in den Verhandlungen „schon ruppiger“ zugeht. Er beobachtet allerdings auch, dass die Arbeitgeber immer mehr Zeit benötigten, um ein erstes Angebot vorzulegen. Hagen Lesch, Leiter Arbeitswelt und Tarifpolitik im arbeitgebernahen IW, seinerseits registriert insbesondere in den Tarifbereichen, die von ver.di vertreten werden „eine recht hohe Konfliktbereitschaft“, die durchaus in den nächsten Jahren anhalten könnte.
Zur Deeskalation könnte aus Sicht des IW-Wissenschaftlers Lesch die Inflationsausgleichsprämie beitragen, die auch im nächsten Jahr noch genutzt werden könne. Er kann sich allerdings „noch ein ähnliches Kompromissinstrument“ vorstellen, welches „die Tarifabschlüsse erleichtert“.
Wie unterschiedlich die einzelnen Tarifverhandlungen geführt werden, erklärt Stefan Schaumburg mit den Strategien, die in der Vergangenheit den angedachten Erfolg gebracht haben. Auch aus der Perspektive von Hagen Lesch liegen die Unterschiede beispielsweise an den jeweiligen Verhandlungsstrategien, aber nicht minder an den Erwartungen, die die Gewerkschaften an sich selbst stellen.
Positiv stehen beide Gesprächspartner zum Tarifeinheitsgesetz. Einerseits, damit nicht kleine Gruppen von Beschäftigten ein ganzes Unternehmen lahmlegen können, und andererseits habe es zunehmend neue Gewerkschaften verhindert.
Eine Verhärtung zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern erkennen die beiden Experten nicht. Dennoch müsse aus Sicht von Hagen Lesch „über neue Wege in der Tarifpolitik“ nachgedacht werden, damit nicht „der Gesetzgeber in diese Bereiche“ hineinregiere. Stefan Schaumburg vermisst eine „vorwärts gerichtete Debatte“ und spricht sich dafür aus, „die wichtigen Zukunftsthemen gemeinsam und auf Augenhöhe“ zu besprechen.
Das Interview: „Wir sollten mehr versuchen, die andere Seite zu verstehen“ können Sie in voller Länge im Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) lesen.