Unterschreibt ein Betriebsratsmitglied einen Aufhebungsvertrag und wird aufgrund dessen (unwiderruflich) von der Arbeit freigestellt, gehört es dem Gremium dennoch weiter an. Das geht aus einem Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) hervor. Demnach läuft die Mitgliedschaft im Betriebsrat in derartigen Fällen bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter (Az.: 16 TaBVGa 189/20).

Im Prozess ging es um ein Mitglied eines 11-köpfigen Betriebsrats, der 2018 in einem Gemeinschaftsbetrieb gewählt worden war. Ende März 2020 schloss der Mann einen Aufhebungsvertrag mit seinem Arbeitgeber, demzufolge er Ende 2021 ausscheiden und bis dahin unter Fortzahlung der Vergütung unwiderruflich von der Arbeit freigestellt würde. Als er dennoch sein Mandat wahr- und an Gremiensitzungen teilnahm, kam es zum Streit.

Nachdem der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht zunächst erfolgreich versucht hatte, das Engagement per einstweiliger Verfügung zu unterbinden, gab ihm das LAG nun auf, die Mandatsausübung zu dulden.

It ain’t over `til it’s over…

Zur Begründung verwies die Kammer u.a. darauf, die Aufhebungsvereinbarung spiele hier keine Rolle, da die Parteien in ihr „nur ihre individualvertraglichen Rechtsbeziehungen geregelt“ hätten. Da der Mann zudem nicht zurückgetreten sei und sich in dem Dokument auch kein Junktim zur Gremienarbeit findet, „kann dieses Schweigen nur dahin verstanden werden, dass der Aufhebungsvertrag keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Betriebsratstätigkeit“ haben solle. Die Mitgliedschaft im Gremium sei damit nicht gemäß § 24 Nr. 3 oder Nr. 4 BetrVG erloschen und laufe bis Ende 2021 weiter.

Da der scheidende Arbeitnehmer ferner unzweifelhaft weiter dem Betrieb angehöre, könne er „die ihm aufgrund der im Aufhebungsvertrag vereinbarten Freistellung von seiner Arbeitspflicht zur Verfügung stehende Zeit für die Leistung von Betriebsratstätigkeiten verwenden“. Mehr noch: Im Gegensatz zu freigestellten Betriebsratsmitgliedern (§ 38 BetrVG) entscheide „er selbst über den zeitlichen Umfang seiner Amtstätigkeit“.

Das Argument des Arbeitgebers, hier müssten ähnliche Maßstäbe angelegt werden wie bei Mitarbeitern in Altersteilzeit während der sog. Freistellungsphase, die dem Betrieb nicht mehr angehören, verwarf das LAG: Während bei diesen nämlich das Arbeitsverhältnis ruhe, bleibe im vorliegenden Fall „die dem Arbeitgeber obliegende Hauptleistungspflicht (Zahlung der vereinbarten Vergütung) aufrechterhalten“.

Beschluss des Hessisches Landesarbeitsgericht vom 21.12.2020  (Az.: 16 TaBVGa 189/20).

Vorinstanz: Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24.11.2020 (Az.: 3 BVGa 502/20).

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