Zehn Prozent der Erwerbstätigen arbeiten hierzulande suchthaft: Sie arbeiten „sehr lang, schnell und parallel an unterschiedlichen Aufgaben“. Hören sie auf zu arbeiten, haben sie ein schlechtes Gewinnen, Abschalten können sie nur schwer, Entspannung ist ihnen kaum möglich. So skizzieren Forschende des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig in ihrer gemeinsamen Studie das Klientel der suchthaft Arbeitenden.
Summa summarum wirkt sich dieses Suchtverhalten beim Arbeiten auf die Gesundheit dieser Beschäftigten aus. Die Forschenden weisen in ihrer Arbeit den Zusammenhang zwischen suchthaftem Arbeiten und schlechterer Gesundheit nach. Dies zeige sowohl die subjektive Selbsteinstufung der Befragten als auch die Zahl der genannten Beschwerden. Last but not least gehen von Arbeitssucht Betroffene auch seltener in eine ärztliche Praxis.
In die Kategorie „zwanghaftes Verhältnis zum Job“ ordnen die Forschenden Beschäftigte ein, die beispielsweise folgende Aussagen bejaht haben: „Es ist wichtig für mich, hart zu arbeiten, auch wenn mir das, was ich tue, keinen Spaß macht“ oder „Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich mir frei nehme“.
Fragen zu ihrem allgemeinen Gesundheitszustand beantworteten die suchthaft Arbeitenden zu 28 Prozent mit „weniger gut“ oder „schlecht“. Bei den sogenannten gelassenen Arbeitenden – der Mehrheit der Erwerbstätigen – ordneten sich in diese beiden Rubriken gerade einmal 14 Prozent ein. Ähnlich bewerteten die exzessiven Beschäftigten ihre gesundheitliche Situation.
Häufiger psychosomatische Probleme und Muskel- und Skelettbeschwerden
Eine große Spreizung existiert auch bei den Antworten auf Fragen nach gesundheitlichen Beschwerden. Von den suchthaft Arbeitenden hatte gerade einmal 8 Prozent im zurückliegenden Jahr keine Beschwerden; in der Gruppe der Gelassenen hatte ein Fünftel (20 %) keine Beschwerden.
Die Summe der Beschwerden liegt bei den Suchthaften mit einer Nennung von 7,1 deutlich über der Gruppe der Gelassenen, die von maximal 4,3 Beschwerden berichteten.
Alle gesundheitlichen Beschwerden sind nach dieser Studie, für die in den Jahren 2017 und 2018 mehr als 8.000 Erwerbstätige zu ihrem Arbeitsverhalten und ihrem Wohlbefinden befragt worden sind, bei den suchthaft Arbeitenden häufiger. Dies betrifft insbesondere psychosomatische Beschwerden, aber auch Muskel- und Skelettbeschwerden. Auch lässt sich diese Gruppe nach den Studienergebnissen seltener medizinisch behandeln.
In der wissenschaftlichen Analyse zeigen sich auch deutliche Unterschiede bei den Fehltagen: Knapp die Hälfte (45 %) der suchthaft Arbeitenden war an keinem einzigen Tag krank, bei den gelassen Arbeitenden lag dieser Anteil bei 36 Prozent. Für die Forschenden ein Hinweis darauf, dass die Gelassenen ihrer Gesundheit mehr Beachtung schenken.
Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass suchthaft Arbeitende „besonders von einem erhöhten Risiko für Burnout und depressive Verstimmungen betroffen seien“. Dies sei problematisch – sowohl für die Betroffenen als auch – mit Blick auf den Fachkräftemangel – für die Betriebe und die Gesellschaft.
Nach der Analyse der Forschenden ist es dringend geboten, exzessivem und suchthaftem Arbeiten vorzubeugen. Ansatzpunkte sind aus ihrer Perspektive die Gesundheitsförderung, eine Änderung der Betriebskultur sowie die Mitbestimmung durch Betriebsräte.
Die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie „Suchthaftes Arbeiten und Gesundheit“ von Beatrice van Berk, Christian Ebner und Daniela Rohrbach-Schmidt, steht auf der Webseite der Stiftung zum Download bereit.