Der Kläger war kurzfristig zum Mitglied der Tarifkommission gewählt worden. Er hatte am folgenden Tag eine Freistellung für Tarifverhandlungen beantragt, die wiederum bereits einen Tag später stattfinden sollten. Der Einsatzleiter lehnte sie jedoch ab. Als Gründe führte er Personalmangel und eine fehlende gesetzliche Grundlage an. Am fraglichen Tag leistete der Fahrer seinen ersten Dienstteil ab, erklärte seinem Vorgesetzten dann aber, dass er sich nun zu den Verhandlungen begebe. Dieser erinnerte ihn eindringlich, aber erfolglos an seine vertragliche Arbeitspflicht. Da der Mann dann dennoch ging, wurde ihm fristlos gekündigt. Dagegen klagte der Busfahrer.
Seiner Auffassung nach ist die außerordentliche Kündigung unwirksam, weil er eine Freistellung habe beanspruchen können. Sie sei ihm jedoch willkürlich verweigert worden. Es sei üblich gewesen, die Mitglieder der Tarifkommission ohne Rücksprache mit der Gewerkschaft freizustellen. Sein Arbeitgeber machte hingegen geltend, dass der Kläger schwerwiegend gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen habe.
Ausweg: Einstweilige Verfügung
Wie bereits die Vorinstanz lehnte auch das LAG die Klage des Mannes ab. Denn wer seine Arbeit nicht antritt, obwohl er vom Arbeitgeber nicht wirksam davon entbunden ist, verletze die Hauptpflicht aus seinem Arbeitsverhältnis. Das gelte selbst dann, wenn möglicherweise ein Anspruch auf Erteilung von Urlaub oder Freistellung besteht. Den Richtern zufolge sei ein solches Recht nämlich „im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes, ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung, durchzusetzen, nicht aber durch eigenmächtiges Handeln“. Konkret habe der Kläger aber seine Arbeitsleistung am Tag der Tarifverhandlungen von 11.29 Uhr an verweigert.
Aufgrund dieser groben Pflichtverletzung sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen, denn der Arbeitnehmer konnte laut LAG „nicht davon ausgehen, dass die Beklagte eine bewusste Arbeitsverweigerung ohne Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers, aber auch anderer Mitarbeiter – zumindest einmalig – hinnehmen werde“.
Nicht mehr ins Gewicht fiel da, dass das Gericht nicht einmal einen Freistellungsanspruch für den Mann erkannte.
Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 23.11.2021 (Az.: 5 Sa 88/21).
Vorinstanz: Urteil des ArbG Stralsund vom 17.03.2021 (Az.: 3 Ca 354/20).