Hat die Befristung in einem schriftlichen Arbeitsvertrag auch dann noch Bestand, wenn die Arbeit vorzeitig angetreten wird? Diese Frage beantwortete das Thüringer Landesarbeitsgericht kürzlich zu Ungunsten eines Arbeitnehmers Klägers mit Ja (Az.: 1 Sa 115/21). 

Im Prozess ging es um eine Stelle als Kassierer in einem Schwimmbad, die bis zum 30.09.2019 befristet war. Als Starttermin bestimmte der Arbeitsvertrag ursprünglich den 15.05.2019. Nach Abschluss der Vereinbarung verständigten sich die Parteien jedoch mündlich auf einen früheren Arbeitsbeginn zum 04.05.2019. Absprachegemäß trat der spätere Kläger dann auch seinen Job an.

Nach Beendigung seiner Tätigkeit reichte der (ehemalige) Mitarbeiter dann am 21.10.2019 aber Befristungskontrollklage gegen zwei Beklagte ein. Beide hatten die Bewerbungsphase begleitet, einer hatte den befristeten Arbeitsvertrag unterzeichnet. Nach Ansicht des Klägers bestünden „wegen verdeckter Arbeitnehmerüberlassung“ mit beiden Beklagten Arbeitsverträge. Mit der Klage reagierte der Mann auf eine gegen ihn vorsorglich ausgesprochene Kündigung von Mitte Dezember und bemängelte zudem die aus seiner Sicht unwirksame Befristungsabrede im Arbeitsvertrag: Diese genüge nicht dem Schriftformgebot des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG). Schließlich sei als Arbeitsbeginn der 15.05. festgelegt, er aber bereits am 04.05. begonnen, ohne dass der Vertrag entsprechend geändert worden wäre.

Die Beklagte argumentierte demgegenüber, dass der befristete Arbeitsvertrag „nicht an einem Schriftformmangel“ leide. Es gebe einen Arbeitsvertrag, nicht zwei. Zudem habe lediglich der vereinbarte Endtermin der Befristung der Schriftform bedurft.

Vor dem Arbeitsgericht Gera hatte der Mann keinen Erfolg, da die Befristung „wirksam schriftlich niedergelegt worden“ sei. Eine Abänderung des Zeitpunkts der Arbeitsaufnahme, so das Gericht, hingegen „nicht dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG“. Zudem sei das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits beendet gewesen, weshalb die „ins Leere“ gehe.

Schriftform nur für Endtermin der Befristung nötig?

Das sah das Thüringer Landesarbeitsgerichts (LAG) im Berufungsverfahren auch so und stellte fest, dass die vereinbarte Befristung das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30.09.2019 beendet hat. Die Vereinbarung sei als „sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG wirksam“ und genüge dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG.

Nach Auffassung der 1. Kammer bedarf eine vorzeitige Arbeitsaufnahme nämlich „im Rahmen eines zuvor formwirksam kalendermäßig befristeten Arbeitsverhältnisses jedenfalls dann keiner schriftlichen Abrede im Sinn des § 14 Abs. 4 TzBfG, wenn sich die Dauer der Befristung aus einem datumsmäßig bestimmten Endtermin ergibt“. Die mit der Norm bezweckte „Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion“ erstrecke sich nämlich allein auf die vereinbarte Befristung selbst, „nicht aber auf den Befristungsgrund und den übrigen Inhalt des Arbeitsvertrags“. Ergo unterliegen „nur die Elemente der Schriftform, die den Endtermin entweder benennen oder ihn bestimmbar machen“.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde Revision zugelassen (anhängig beim Bundesarbeitsgericht, Az.: 7 AZR 300/22). Denn „die entscheidungserheblichen Fragen, ob bei einer Zeitbefristung nur die Vereinbarung des datumsmäßig bestimmten Endtermins selbst oder auch der Anfangstermin der Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG unterliegt und ob die vorzeitige Arbeitsaufnahme im Rahmen eines zuvor formwirksam kalendermäßig befristeten Arbeitsverhältnisses in einer solchen Konstellation einer schriftlichen Abrede bedarf, sind – soweit ersichtlich – bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt“, heißt es im LAG-Urteil.

Urteil des Thüringer Landesarbeitsgericht vom 21.06.2022 (Az.: 1 Sa 115/21).

Vorinstanz: Urteil des Arbeitsgericht Gera vom 05.05.2021 (Az.: 7 Ca 271/19).

 

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