Kann ein Arbeitnehmer vor Ende seines Vertrags nicht sämtliche Urlaubstage aufbrauchen, werden diese meist ausbezahlt. Juristisch heißt das Abgeltung. Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun kürzlich entschied, dürfen Leiharbeiter dabei nicht schlechter gestellt werden als die Stammbelegschaft (Rs. C-426/20).

Geklagt hatten zwei portugiesische Männer, die im Oktober 2017 Leiharbeitsverträge abgeschlossen hatten und in diesem Zuge vom Arbeitgeber an ein anderes Unternehmen überlassen worden waren. Als die Verträge dann nach zwei Jahren ausliefen, forderten sie einer Mitteilung zufolge, nicht genommene Urlaubstage und Urlaubsgeld dafür abzugelten. Das verweigerte der Arbeitgeber jedoch und berief sich auf eine für Leiharbeitnehmer geltende Spezialregelung in Portugal, die niedrigere Ansprüche vorsieht. Daher legte das Arbeitsgericht Barcelos den Fall den Richtern in Luxemburg vor, um prüfen zu lassen, ob die nationalen Vorgaben im Einklang mit europäischen Recht stehen.

In seiner Entscheidung teilt der EuGH die Rechtsauffassung der Kläger und verwies dabei u.a. auf die sog. Leiharbeitsrichtlinie (Richtlinie 2008/104/EG vom 19.11. 2008). Mit dieser sei die portugiesische Sonderregel nicht vereinbar.

Regeln für Abgeltung sind „wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen“

Eine Leiharbeitnehmern gezahlte Abgeltung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub und das entsprechende Urlaubsgeld müsse vielmehr „mindestens der entsprechen, die sie erhalten würden, wenn sie von dem entleihenden Unternehmen unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz und für die gleiche Beschäftigungsdauer eingestellt worden wären“.

Zur Begründung hieß es u.a., die Richtlinie regele „wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen“, wozu auch „eine Abgeltung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub und das entsprechende Urlaubsgeld“ zählten. Und hier dürften Leiharbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden als Stammkräfte im Unternehmen.

Das örtliche Arbeitsgericht muss nun prüfen, ob dieser Grundsatz im vorliegenden Fall eingehalten wurde.

Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 12.05.2022 (Rs. C-426/20).

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