Im Oktober 2020 befand sich ein Mitarbeiter einer Ingenieursgesellschaft auf Anordnung des Gesundheitsamts für 15 Kalendertage in häuslicher Quarantäne. Er war nicht selbst erkrankt, sondern hatte lediglich Kontakt zu einer infizierten Person gehabt. Sein Arbeitgeber zahlte während dieses Zeitraums weiter Lohn und führte Sozialversicherungsbeiträge ab. Später beantragte er beim Land Berlin deren Erstattung. Dieses lehnte den Antrag jedoch ab.
Dagegen klagte die Gesellschaft: Sie sei mit der Lohnfortzahlung für den Staat in Vorkasse gegangen und habe damit den Anspruch des Mitarbeiters gegen den Staat auf Quarantäneentschädigung erfüllt. Ihrer Auffassung nach habe sie daher einen Anspruch auf Erstattung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes. Zwar sei sie arbeitsrechtlich grundsätzlich zur Lohnfortzahlung verpflichtet, wenn ein Mitarbeiter durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden zeitweise an der Dienstleistung verhindert werde. Bei der Pandemie handele es sich jedoch nicht um einen solchen Grund, sondern um einen mit einer Naturkatastrophe vergleichbaren Umstand. Außerdem sah das Unternehmen eine Pflicht zur Lohnfortzahlung für 15 Tage als unverhältnismäßig lang an.
Das VG wies die Klage ab: Die Voraussetzungen eines erkrankungsunabhängigen Lohnfortzahlungsanspruchs hätten vorgelegen, weil der Grund des Fehlens in seiner Person gelegen habe. Es sei nämlich nicht auf die Pandemie an sich abzustellen, sondern auf den konkreten Kontakt des Mitarbeiters zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person. Die darauffolgende Quarantäne habe auf dem personenbezogenen Ansteckungsverdacht beruht. Bei einem länger andauernden, unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis sei außerdem eine Lohnfortzahlung für die Dauer der Inkubationszeit des Coronavirus von etwa 14 Tagen angemessen.
Urteil des VG Berlin vom 01.12.2022 (Az.: VG 14 K 631/20). Gegen das Urteil kann wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache Berufung eingelegt werden.