Das Rentensystem soll reformiert werden – zumindest laut Koalitionsvertrag der regierenden Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP. Sie wollen Rente in Zukunft zusätzlich auch aus Aktiengewinnen finanzieren: daher der Name Aktienrente. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärt auf seiner Webseite, was unter der Aktienrente oder auch Generationenkapital zu verstehen ist.

Für die gesetzliche Aktienrente sollen zunächst zehn Milliarden Euro in einen staatlichen Fonds angelegt werden. Die Mittel dafür plant der Bund als Darlehen – also als Schulden – aufzunehmen. Der Fonds soll nach Angaben des DGB von einer unabhängigen Stiftung verwaltet werden. Mögliche Erträge des Fonds sind zweckgebunden, dürfen also nur für die Rentenversicherung verwendet werden.

Die Koalition geht optimistisch davon aus, dass der Fonds, in den das Geld eingezahlt wird, Gewinne macht. Just diese Gewinne sollen „ab Mitte der 2030er-Jahre (…) die gesetzliche Rente stärken“. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung für die Versicherten würden dann geringer ausfallen – alternativ weniger ansteigen – als ohne diese Aktienrente.

Die Aktienrente ist ergo eine Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge, die nicht aus Mitteln der Versicherten aufgebaut wird. Denn die Aktienrente soll nicht mit Rentenbeiträgen finanziert werden. Darauf habe sich die Regierungskoalition geeinigt. Doch der kleinste Partner der Koalition schert bereits aus, so der DGB.

Bundesfinanzminister Lindner habe öffentlich darüber nachgedacht, durchaus auch mit Rentenbeiträgen den Fonds aufzustocken. Dieser Plan hat DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel direkt aufhorchen lassen. Sie betont, das Geld der Beitragszahler sei nicht dafür da, um damit zu zocken. „Beiträge sind für die solide Finanzierung der Renten da und nicht für Spekulationen an Aktienmärkten“, stellt sie klar.

Ob die Aktienrente halten kann, was sie verspricht, ist fraglich. Der DGB weist auf ein Gutachten des Sozialbeirats hin, nach dem der Fonds „ein Volumen in hoher dreistelliger Milliardenhöhe“ haben müsste, „um mit seinen Erträgen den Beitragssatz zur Rentenversicherung (…) auch nur um einen Beitragssatzpunkt senken zu können“.

Woher dieses Geld kommen könnte, darüber hüllt sich das Finanzministerium in Schweigen. Doch verlautete, dass dafür über 15 Jahre lang jedes Jahr 10 Milliarden Euro in diesen Fonds eingezahlt werden müssten.

Einnahmebasis der umlagefinanzierten Rente stärken

Nicht nur der DGB steht der Aktienrente verhalten vis-à-vis. Auch Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di), bleibt gegenüber den Plänen, eine kapitalgedeckte Säule in der gesetzlichen Rentenversicherung aufzubauen, skeptisch. Gegenüber dem Handelsblatt formuliert er seine Bedenken: Er habe die Befürchtung, dass „irgendwann auch Beitragsgelder in der kapitalgedeckten Säule landen“.

Werneke weist darauf hin, dass das Rentensystem mit zehn Milliarden Euro nicht stabilisiert werden kann. „Da ist jeder Tarifabschluss, den Ver.di oder andere Gewerkschaften erzielen, effektiver“. Schließlich komme es für die Stabilität der Rentenfinanzen auf die Löhne an, so der Gewerkschafts-Chef. Als Alternative zum Generationenkapital wirbt er für eine Reform der umlagefinanzierten Rente: „Wir müssen auch über die Einnahmebasis reden und dazu gehört aus meiner Sicht auch eine Debatte über die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze.“

Der Rentenbeitrag mit aktuell 18,6 Prozent sei weit von seinem historischen Höchststand von über 20 Prozent Ende der 1990er-Jahre entfernt, erinnert er. Daher kann er sich laut Handelsblatt einen maßvollen Anstieg um einige Zehntelpunkte zur Abfederung demografiebedingter Lasten durchaus vorstellen. Ein weiteres Anheben des Renteneintrittsalters lehnt Frank Werneke ab. Denn Konsequenz könnte sein, dass viele Beschäftigte „zwangsläufig mit Rentenabschlägen in den Ruhestand gehen werden“.

Laut Koalitionsvertrag ist das Generationenkapital nicht die einzige Neuerung in der Rentenversicherung. Geplant ist auch, ein „Mindestrentenniveau von 48 Prozent“ dauerhaft zu sichern.

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