Demnach haben zwischen 2019 bis 2021 zwar in mehr Betrieben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den im Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) vorgesehenen individuellen Auskunftsanspruch genutzt als im Vergleichszeitraum kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2018 – und zwar in 26 statt zuvor 17 Prozent. Allerdings hat den Angaben zufolge in der Mehrheit der privaten Betriebe mit Betriebsrat „zwischen 2019 und 2021 niemand diesen Anspruch genutzt“.
Zudem, so das WSI, haben nur etwa die Hälfte der Arbeitgeber in Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und Betriebsrat den gesetzlichen Auftrag zur Überprüfung der Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen umgesetzt. Die betriebliche Mitbestimmung spiele in diesem Zusammenhang jedoch dennoch „eine positive Rolle“. Denn Betriebe tun nach Einschätzung der Forscher „deutlich mehr, wenn es Betriebsvereinbarungen zu Gleichstellung oder verwandten Themen zwischen Management und Betriebsrat gibt und wenn das Verhältnis von Betriebsrat und Geschäftsführung generell gut ist“. Es sei daher „wahrscheinlich, dass die Situation in Betrieben ohne Betriebsräte und effektive Mitbestimmung noch deutlich schlechter ist“.
Das Team um Dr. Helge Emmler und Dr. Christina Klenner empfiehlt daher „strengere Auflagen, spürbare Sanktionen sowie niedrigere Hürden bei der Wahrnehmung des Transparenzanspruchs“, um die Wirkung des Gesetzes zu verstärken. Sie betrachten zudem die neue EU-Richtlinie zur Lohntransparenz als sinnvolle Unterstützung für die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag geplante Reform für ein wirksameres Gesetz.
Basis für die Studie sind Daten aus der sog. Betriebs- und Personalrätebefragung 2021. Dazu wurden Mitglieder aus knapp 3900 Betriebs- und Personalräten befragt. Die Untersuchung ist laut WSI repräsentativ für Betriebe mit Betriebsrat und mindestens 20 Beschäftigten.
Info
Kernstück des Entgelttransparenzgesetz ist ein allgemeiner und individueller Auskunftsanspruch in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten. Alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Betrieben dieser Größe können Auskunft und Informationen über die Kriterien und das Verfahren zur Festlegung des Entgelts und sowie über das Entgelt für vergleichbare Tätigkeiten einfordern. Der Auskunftswunsch muss dabei, je nach betrieblichen Verhältnissen, entweder an den Betriebsrat oder an den Arbeitgeber gerichtet werden. Ein sog. Vergleichsentgelt muss ein Arbeitgeber dabei allerdings nicht angeben, wenn die Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird – das wurde verschiedentlich kritisiert.