Die Forschenden stellen fest, dass es auf dem Arbeitsmarkt noch immer eine starke Geschlechtertrennung gibt, obwohl sich die berufliche Stellung der Geschlechter in den letzten 50 Jahren angeglichen hat. Meist wird das damit erklärt, dass Männer Vorteile haben, in besser bezahlte Berufe zu kommen. Außerdem folge die Berufswahl oft genderstereotypen Fähigkeiten oder Paare teilten sich die Arbeit häufig so auf, dass Frauen eher Berufe wählen, in denen flexible oder reduzierte Arbeitszeiten möglich sind.
Allerdings gebe es auch Berufe wie zum Beispiel Lehrer oder Apotheker, die ihre Geschlechterzusammensetzung mit der Zeit ändern, obwohl sich der Beruf kaum verändere. Darüber hinaus gebe es innerhalb von Berufen geschlechtsspezifische Spezialisierungen, die sich nicht einfach erklären ließen: So arbeiteten in der Radiologie eher Männer und in der Dermatologie eher Frauen.
Soziologie-Professor Per Block von der Universität Zürich hat das anhand von empirischen Daten aus Großbritannien untersucht: „Die Analyse zeigt, dass Männer mit doppelter Wahrscheinlichkeit den sich feminisierenden Beruf verlassen.“ Würden tatsächlich nur berufsspezifische Attribute wie der Lohn oder die Flexibilität die Berufswechsel beeinflussen, sagt seine Simulationsstudie eine Abnahme der Geschlechtertrennung in Berufen um 19 bis 28 Prozent voraus.
Block folgert daraus, dass Geschlechtertrennung in Berufen auch von Männern (und Frauen) verursacht wird, die sich bewusst oder unbewusst gegen eine Durchmischung wehren. Die Wahrnehmung von Berufen sei möglicherweise also auch eine Konsequenz der Geschlechterzusammensetzung statt nur ihre Ursache, erklärt der Forscher an einem Beispiel: „Der Pflegeberuf wird eher mit stereotyp weiblichen Attributen beschrieben: sozial, empathisch, kümmernd. Wären die meisten Pflegepersonen Männer, würden wir den Beruf vielleicht ganz anders wahrnehmen, zum Beispiel als verantwortungsbewusst, durchsetzungsstark oder körperlich anstrengend.“