Die Coronakrise erschwert auch die Arbeit von Betriebs- und Personalräten. Die Bundesregierung will daher das Betriebsverfassungsgesetz und das Bundespersonalvertretungsgesetz ändern. Damit sollen für einen temporären Zeitraum virtuelle Beschlussfassungen ermöglicht werden. Bisher bestanden große Zweifel an der Gültigkeit solcher Beschlüsse.

Betriebsräte sollen nun bis zum Ende dieses Jahres, Personalräte bis zum 31.03.2021 wirksame Beschlüsse auch via Video- und Telefonkonferenz fassen können. Die Regelungen sollen rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft treten, damit bereits getroffene Entscheidungen über diese Kommunikationsformen rechtswirksam bleiben, berichtet die Bundesregierung.

„Die bevorstehende gesetzliche Änderung ist mehr als überfällig“, kommentiert der Fachanwalt für Arbeitsrecht Professor Dr. Michael Fuhlrott das Vorhaben. Bisher hätten „sehr gewichtige Stimmen“ auch in Zeiten von Corona eine Beschlussfassung nur bei persönlichem Zusammentreffen für wirksam angesehen. Das sei damit begründet worden, dass ein persönlicher Austausch des Gremiums unabdingbar sei und bei virtuellen Treffen zudem die Gefahr bestehe, dass die Nicht-Öffentlichkeit der Sitzung nicht gewahrt würde.

Regelung wahrscheinlich befristet

„Der Betriebsrat ist ein wichtiger Ansprechpartner in der aktuellen Zeit“, so Fuhlrott beim Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA) weiter. Viele für Unternehmen mitunter überlebensnotwendige Maßnahmen seien gegen seinen Willen nicht möglich. Dazu zähle beispielsweise die Einführung von Kurzarbeit oder Regelungen zum Fiebermessen vor Zutritt zum Betrieb. Auch bei der Versetzung von Mitarbeitern ins Homeoffice habe der Betriebsrat ein Beteiligungsrecht.

Der DGB sieht indes noch Änderungsbedarf am Gesetzentwurf: In einer Stellungnahme weist der Gewerkschaftsbund unter anderem darauf hin, dass Ausschüsse und Wahlvorstände die gleichen Sitzungs- und Beschlussmöglichkeiten wie die Betriebsräte haben sollten. Sie werden bisher jedoch noch nicht berücksichtigt. Außerdem fordert der DGB, dass ein grundsätzlicher Vorrang von Präsenzsitzungen festgeschrieben wird und die Regelungen „spätestens“ am Ende des Jahres außer Kraft treten.

Laut einer „Formulierungshilfe“ des Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestags vom 09.04.2020 (Ausschussdrucksache 19(11)581) könnte die avisierte Neuregelung im BetrVG so aussehen:

„§ 129 Sonderregelungen aus Anlass der Covid-19-Pandemie

(1)

Die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats, Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie die Beschlussfassung können mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. § 34 Absatz 1 Satz 3 gilt mit der Maßgabe, dass die Teilnehmer ihre Anwesenheit gegenüber dem Vorsitzenden in Textform bestätigen.

(2)

Für die Einigungsstelle und den Wirtschaftsausschuss gilt Absatz 1 Satz 1 und 2 entsprechend.

(3)

Versammlungen nach den §§ 42, 53 und 71 können mittels audio-visueller Einrichtungen durchgeführt werden, wenn sichergestellt ist, dass nur teilnahmeberechtigte Personen Kenntnis von dem Inhalt der Versammlung nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig.

(4)

Die Sonderregelungen nach den Absätzen 1 bis 3 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.“‚

Ergänzung vom 22.04.:

Der Bundestags-Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am 22.04. eine entsprechende Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf abgegeben. Am 23.04. soll das Vorhaben im Bundestag verabschiedet werden.

Aktuelle Beiträge