Die Bundesregierung plant offenbar strengere Vorgaben für die Überwachung von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz. Zudem soll die Verarbeitung personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis gesetzlich konkreter reglementiert werden. Das geht aus einem entsprechenden Positionspapier hervor. Während die Debatte um den sog. Beschäftigtendatenschutz hierzulande nicht neu ist, bekommt sie durch ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes derzeit zusätzliche Dynamik.

Bei dem Vorhaben geht es konkret um Vorarbeiten für ein späteres Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz. Innen- und Arbeitsministerium (beide SPD-geführt) haben dazu ein Dokument namens „Vorschläge für einen modernen Beschäftigtendatenschutz. Innovation ermöglichen – Persönlichkeitsrechte schützen – Rechtsklarheit schaffen“ entwickelt. Zuerst hatte darüber die Nachrichtenagentur dpa berichtet, wie u.a. die Rheinpfalz seinerzeit meldete.

Das Papier sieht u.a. veränderte Regeln zur Zulässigkeit offener und – in Ausnahmefällen – verdeckter Videoüberwachung am Arbeitsplatz vor. Ein weiteres Thema ist der Umgang mit Angaben zu persönlichen Verhältnissen in Vorstellungsgesprächen und Fragerechten der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang. Darüber hinaus geht es um Fragen wie Datenschutz bei Nutzung privater Endgeräte für dienstliche Zwecke („Bring your own Device“) und Einsatz von KI sowie Aspekte der Mitbestimmung.

Bevor ein Gesetzgebungsverfahren aber tatsächlich auf den Weg gebracht wird, wollen sich die Ministerien Angaben zufolge zuvor noch mit Verbänden, Sozialpartnern und anderen Organisationen austauschen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat in diesem Zusammenhang unterdessen ein Diskussionspapier („Transparenz schafft Vertrauen“) veröffentlicht, das sich schwerpunktmäßig mit Beschäftigtendatenschutz im Kontext von KI auseinandersetzt.

Ein Aspekt könnte dabei besonders in den Fokus rücken – und zwar die Verarbeitung personenbezogener Daten im Arbeitsverhältnis und die dafür an manchen Stellen nötige (freiwillige) Einwilligungserklärung von Beschäftigten. Denn hier gibt es nach Meinung von Experten am meisten Handlungsbedarf. Grund dafür ist ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes.

BDSG-Vorgaben zur Datenverarbeitung im Job unanwendbar?

Dieser hatte Ende März im Streit um eine nicht eingeholte Einwilligungserklärung von Lehrern bei Online-Unterricht entschieden, dass bestimmte Vorgaben zur Datenverarbeitung in Deutschland ggf. unanwendbar sind, weil „die Verarbeitung personenbezogener Daten im Beschäftigungskontext sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor unmittelbar durch die Bestimmungen der DSGVO geregelt“ werde (EuGH, 30.03.2023 – C 34/21).

§ 26 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz („Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses“) sowie eine fast gleichlautende Norm im Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz würden damit obsolet, weil sie keine „spezifischere Vorschrift“ enthielten als das europäische Regelwerk, sondern lediglich „eine Wiederholung der in Art. 6 DSGVO genannten Bedingungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten“.

Zwar hatte die Rechtsprechung hierzulande bei den nationalen Regeln zum Beschäftigtendatenschutz bislang überwiegend eine „richtige Anwendung des Unionsrechts“ unterstellt (vgl. etwa BAG, 05.07.2019, 1 ABR 53/17, Rz. 47 f.). Zugleich gab es jedoch auch Stimmen wie die der Datenschutzkonferenz der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, die 2021 darauf hinwies, „dass das Verhältnis zwischen § 26 BDSG, Artikel 6 und Artikel 9 DSGVO problematisch ist“.

Fachleuten zufolge könnte die Initiative der Ministerien insofern auch eine Reaktion auf die Entscheidung der Luxemburger Richter sein.

Beschäftigtendatenschutz schon länger Thema

Das Thema Beschäftigtendatenschutz selbst ist dabei ein Dauerbrenner im politischen Berlin. So hat es in den vergangenen Legislaturperioden – auch angesichts der zunehmenden Digitalisierung – immer wieder Anläufe und Initiativen gegeben, den Umgang mit personenbezogenen Daten in der Arbeitswelt zu regeln und den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.

In ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten die Ampel-Parteien 2021 dazu etwa:

„Wir schaffen Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz, um Rechtsklarheit für Arbeitgeber sowie Beschäftigte zu erreichen und die Persönlichkeitsrechte effektiv zu schützen.“

Bereits ein Jahr zuvor hatte das Bundesarbeitsministerium einen interdisziplinären Beirat zum Beschäftigtendatenschutz unter der Leitung der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin eingerichtet. Dieser veröffentlichte dann Anfang 2022 einen 12-seitigen Abschlussbericht, dessen Kernempfehlung lautete: „Die zentralen Elemente eines wirksamen und rechtssicheren Beschäftigtendatenschutzes bedürfen der gesetzlichen Festlegung“ (wir berichteten).

Und schon 2009 hatte der damalige Bundesarbeitsminister und heutige Kanzler, Olaf Scholz,  ein Diskussionspapier für ein Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz vorgestellt. Hintergrund waren u.a. Vorkommnisse bei Lidl, der Bahn und der Deutschen Telekom, wo Mitarbeitende z.T. verdeckt überwacht worden waren. Wegen eines Regierungswechsels im Herbst des Jahres war dieser aber nicht weiterverfolgt worden. Ähnlich erging es Plänen der schwarz-gelben Nachfolgeregierung: Ein vom Kabinett seinerzeit bereits verabschiedeter Regierungsentwurf wurde zwar in den Bundestag eingebracht, gelangte aber – auch wegen Kritik von verschiedensten Seiten und der Diskussion um eine mögliche europäische Rahmenvorgabe (die heutige DSGVO) – nie zur Abstimmung.

Ob und in welcher Form die jüngsten Pläne nun tatsächlich in eine Novelle münden werden, bleibt abzuwarten.

Info

  • § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG besagt:
    „Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.“
  • Eine Einwilligungserklärung ist Voraussetzung für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung bestimmter personenbezogener Daten vor und während eines Arbeitsverhältnisses. Typische Beispiele, in denen ein solches OK von (potenziellen) Beschäftigten nötig ist, sind der Umgang mit (Online-)Bewerbungsunterlagen oder Mitarbeiterfotos auf Websites. Videoüberwachung im Betrieb kann hingegen derzeit in manchen Fällen zulässig sein, allerdings nie in Toiletten- und Pausenräumen oder Umkleiden. Auch sog. Tracking ist in Grenzen erlaubt.

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