Fehlen im Einladungsschreiben zur Teilnahme an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) bestimmte Datenschutzbelehrungen, ist das Verfahren ggf. unwirksam. Das hat das Arbeitsgericht Köln entschieden und u.a. damit der Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin stattgegeben. Zur Begründung hieß es, nur bei entsprechender Unterrichtung könne „vom Versuch der ordnungsgemäßen Durchführung“ die Rede sein (Az.: 10 Ca 7069/20).

In dem Prozess ging es um eine Endvierzigerin, die seit September 1991 für ein Großunternehmen in Teilzeit als Verladerin gearbeitet hatte. Nach zahlreichen Fehlzeiten wegen Kurzerkrankungen in den Jahren 2014 bis 2020 – pro Jahr zwischen 23 und 79 Tagen Arbeitsunfähigkeit – wurde ihr im August 2020 nach einer ärztlichen Eignungsuntersuchung attestiert, dass sie voll einsatzfähig sei. Bereits im Vormonat war die Frau vom Arbeitgeber zu einem zu einem Gespräch zur Eröffnung eines betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) eingeladen worden, hatte aber nicht reagiert. In der Einladung hieß es u.a.:

„Wir weisen sie darauf hin, dass personenbezogene Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes erhoben und gespeichert werden. Das betrifft insbesondere die uns bislang bekannten Daten zu ihrem Krankheitsverlauf und deren Ursachen. Es wird gegebenenfalls erforderlich werden, in Abstimmung mit ihnen noch weitere Daten zu erheben, zu verwenden und zu übermitteln. Dabei wird unter Umständen auch auf vorhandene oder noch einzuholende Arztberichte, medizinische Einschätzungen und Atteste zurückzugreifen sein.“

Streitpunkt Gesundheitsprognose

Als nach einer Erinnerung das Gespräch dann Mitte September 2020 doch zustande kam, erklärte die Arbeitnehmerin laut Gericht, sie könne ihren Job „problemlos verrichten“, da es „keine arbeitsplatzbezogenen Ursachen für die Erkrankung“. Zudem könne die Firma „nichts veranlassen“, um zukünftige Ausfälle zu verhindern. Daraufhin hörte der Arbeitgeber den Betriebsrat zu einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung der Mitarbeiterin an. Der aber widersprach mit Verweis auf eine fehlende negative Gesundheitsprognose. Dennoch kündigte das Unternehmen der Beschäftigten fristgerecht zum 31.05.2021. Die ging dagegen vor – und hatte Erfolg.

Denn mangels negativer Gesundheitsprognose war die Kündigung aus Sicht des Arbeitsgericht „nicht gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt“. Zwar könnten häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit prinzipiell „für ein entsprechendes Erscheinungsbild in der Zukunft sprechen“, so die Richter. Das aber sei hier nicht der Fall, denn nach erheblichen Fehlzeiten in den Vorjahren habe die Mitarbeiterin in 2019 lediglich 23 Arbeitstage krankheitsbedingt gefehlt. Damit aber sei „die negative Zukunftsprognose, die man in den Vorjahren hätte stellen können, unterbrochen worden“. Darüber hinaus lasse sich der Ausfall an 45 Tagen im Jahr 2020 u.a. auf eine Operation zurückführen, mit der die Ursachen für das Leiden behoben wurde. Somit sei „eine positive Entwicklung bei den Erkrankungen der Klägerin zu erkennen“, was auch die Eignungsuntersuchung bestätigt hatte.

Klarstellung nötig: Welche Daten, wofür?

Hinzukommt laut Gericht, dass der Arbeitgeber mit seiner Kündigung bei der gebotenen Interessenabwägung hier auch nicht das mildestes Mittel gewählt habe. Vor einer krankheitsbedingt Trennung von einem Beschäftigten müsse nämlich ein ordnungsgemäßes bEM-Verfahren durchgeführt werden. Dazu gehöre auch, dass dem Betroffenen mitgeteilt werde, „welche Krankheitsdaten – als sensible Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG – erhoben und gespeichert und inwieweit und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden“. Ferner bedürfe es eines Hinweises, „dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung der Klägerin dienendes Gespräch zu führen“. Die Einladung des Arbeitgeber aber „genügt diesen Anforderungen nicht“. Deshalb sahen die Richter „Bedenken gegen die Wirksamkeit des durchgeführten bEM“ und die Kündigung als unwirksam an.

Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.06.2021 (Az.: 10 Ca 7069/20).

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