Betätigt ein Feuerwehrmann beim Rangieren auf dem Gelände der Wache zur Warnung die an ein Signalhorn gekoppelte Hupe des Fahrzeugs, muss er einem Kollegen, der dabei einen (bleibenden) Hörschaden erleidet, dennoch kein Schmerzensgeld oder Schadenersatz zahlen. Das ergibt sich aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg. Grund: Ein Haftungsausschluss entfalle nur, wenn ein „doppelter Vorsatz“ nachgewiesen werden könne ( 7 Sa 243/22).

In dem Fall ging es um einen Zwischenfall, die sich 2018 auf dem Hof einer Feuerwache ereignet hatte. Dort wollte ein Feuerwehrmann ein Einsatzfahrzeug zurückbringen und musste dazu eine enge Hofeinfahrt durchqueren. Da sich in unmittelbarer Nähe drei Kollegen aufhielten – einer von ihnen mit dem Rücken zum herannahenden Wagen – hielt der Fahrer kurz an und hupte zur Warnung. Zugleich wurde auch ein Signalhorn ausgelöst. Einer der Männer klagte anschließend über Gehörschaden, begab sich in ärztliche Behandlung und war im Anschluss für gut als 18 Monate arbeitsunfähig.

Laut einer später vorgenommenen Simulation der Unfallversicherung war der Mann bei dem Malheur im Abstand von etwa vier Metern in der Spitze einem Schalldruck von 137 bis 140 dBC ausgesetzt. Ein fachärztliches Gutachten bescheinigte ihm laut LAG zudem, dass er zwar eine Vorschädigung hatte, aber „eine Zunahme der Hörminderung und ein beidseitiger Tinnitus mit Wahrscheinlichkeit auf den Vorfall vom 14.08.2018 zurückzuführen“ seien. Das Ganze wurde als Arbeitsunfall anerkannt.

Als der Feuerwehrmann dann aber seinen Kollegen auf Schadenersatz für Folgekosten und Schmerzensgeld in fünfstelliger Höhe verklagte, kam er damit vor dem Arbeitsgericht Nürnberg nicht durch. Und auch im Berufungsverfahren sah die Kammer keinen Grund dafür, der Klage stattzugeben.

Kein doppelter Vorsatz

In ihrer Begründung verwiesen die Richter v.a. darauf, dass der beklagte Feuerwehrmann „bei Betätigung des Signalhorns betrieblich tätig“ gewesen sei und „ohne Vorsatz“ gehandelt habe. Damit seien Schmerzensgeld- oder Schadensersatzforderungen gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (Beschränkung der Haftung anderer im Betrieb tätiger Personen) hier ausgeschlossen. Denn solche Ansprüche könnten bei fremdverschuldeten Arbeitsunfällen nur geltend gemacht werden, wenn „doppelter Vorsatz“ nachgewiesen werde – also „nicht nur die Verletzungshandlung“ gewollt sei, sondern auch der „Verletzungserfolg“. Hier aber fehlten „jegliche Anhaltspunkte im Sachverhalt dafür, dass der Beklagte einen Gehörschaden bei drei seiner Kollegen gewollt hätte“.

Die Berufung wurde daher zurückgewiesen, Revision nicht zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 20.12.2022 (Az.: 7 Sa 243/22).

Vorinstanz: Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 30.05.2022 (Az.: 3 Ca 5672/21).

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