Die Kündigung einer Mitarbeiterin in der Kfz-Zulassungsstelle des Landkreises Holzminden im Kontext mit dem Verkauf entwerteter Kennzeichen ist unwirksam. Dies hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Az.: 8 Sa 712/22) entschieden.

Beschäftigte der Kfz-Zulassungsstelle der Landkreises Holzminden hatten seit mehreren Dekaden offen gesammelte Kfz-Kennzeichen privat verkauft. Die Verkäufe erfolgten sowohl über einen Schrotthändler als auch über das Internet. Die jeweiligen Bereichsleiter hatten dabei von der Praxis, eine schwarze Kasse zu führen, Kenntnis. Mit den Einnahmen wurde beispielsweise die weihnachtliche Feier im Betrieb finanziert. Im November und Dezember 2021 kündigte der Landkreis insgesamt 12 Mitarbeitenden der Zulassungsstelle, darunter die Klägerin.

Das Arbeitsgericht Hildesheim erkannte diese Kündigung als unwirksam an. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bestätigte nun im Berufungsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz.

Demnach ist die außerordentliche Kündigung der tariflich ordentlich unkündbaren Klägerin aufgrund ihrer langjährigen Beschäftigungsdauer unverhältnismäßig. Der Landkreis habe es verabsäumt, „die zu Gunsten der Klägerin sprechenden Umstände … in ausreichendem Maße … in die von ihm durchzuführende Interessenabwägung“ einfließen zu lassen, hieß es u.a. zur Begründung.

Denn bereits zu dem Zeitpunkt als die Klägerin mit ihrer Tätigkeit in der Zulassungsstelle begann, sei der Verkauf der entwerteten Schilder „jahrzehntelang geübte Praxis“ gewesen. Niemand habe das Sammeln und Verkaufen dieser Schilder in Frage gestellt. Entsprechend stellte sich die Klägerin auch nicht die Frage, ob diese Praxis rechtlich zu beanstanden sein könne. Da mehrere aufeinander folgende Betriebsleiter sogar aktiv an dieser Praxis mitwirkten, konnte bei der Angestellten aus Sicht des Landesarbeitsgerichts die Vorstellung eines legitimen Handelns noch bestärkt werden.

Auch müsse in die Waagschale zu Gunsten der Klägerin die Tatsache geworfen werden, „dass sie selbst weder ausländische Kennzeichen über eBay versteigert, noch die Transaktion mit dem Schrotthändler abgewickelt, noch über die Einnahmen Buch geführt oder die eingenommenen Geldbeträge verwaltet hat“, so die Kammer.

Die Schadensersatzansprüche, die der beklagte Landkreis im Rahmen einer Widerklage geltend gemacht hat, wurden daher als unbegründet zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachen vom 08.02.2023 (Az.: 8 Sa 712/22).

Vorinstanz: Urteil des Arbeitsgericht Hildesheim vom 17.08.2022 (Az.: 2 Ca 323/22 Ö).

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