Kann die Situation in der Pflege für das Personal so verbessert werden, dass kurzfristig mehr Fachkräfte zur Verfügung stehen? Das erfragte eine breit angelegte Studie sowohl bei Pflegekräften, die in Teilzeit arbeiten als auch bei Ausgestiegenen aus der Pflege. Das Ergebnis ist unmissverständlich: Ja, sie wären bereit zu Mehrarbeit wie zum Wiedereinstieg – vorausgesetzt, die Entscheider realisieren die aufgestellte To-do-Liste.

Der Fachkräftemangel in der Pflege lässt sich schon heute kaum noch verbergen und es wird schlimmer werden. Das prognostiziert Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer Bremen. Nach der bekannten Alterspyramide werden im kommenden Jahrzehnt rund 500.000 Pflegekräfte aus dem Berufsleben ausscheiden.

Bereits heute benötigten Krankenhäuser rund 230 Tage, um die Position einer Krankenpflegekraft zu besetzen, bei einer Altenpflegekraft sind es 210 Tage. Das Gewinnen von Pflegekräften ist für Elke Heyduck „eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen dieser Zeit“.

Eine Herausforderung, die durchaus zu stemmen wäre, wenn, ja wenn, auf die Mitarbeitenden im Pflegebereich gehört werden würde. Denn diese wissen um die Alltagsprobleme, wissen, was sich ändern müsste, damit die Pflegeberufe an Attraktivität gewinnen. Entsprechend fassten sie keinen Wunschzettel ab, sondern erstellten vielmehr eine To-do-Liste für die Entscheider.

Ganz obenan steht das Problem der Personaldecke, die so dünn ist, dass sie jederzeit zu reißen droht. Sie fordern eine Personalbemessung, die sich am Bedarf orientiert – nicht an der Wirtschaftlichkeit. Die Befragten möchten sich mehr um die Menschen kümmern können, die ihnen anvertraut sind. Sie möchten unter Normalbedingungen arbeiten können. Mit einer Personalbesetzung, die der Tätigkeit angemessen ist und nicht mit einer ständigen Unterbesetzung und daraus resultierenden Folgen wie Überarbeitung oder Erschöpfung.

Auch reklamieren sie verbindliche Arbeitszeiten und verbindliche Dienstpläne – eine Selbstverständlichkeit in anderen Berufen. Natürlich möchten die Pflegekräfte auch angemessen bezahlt werden und nicht mit seltenen Boni oder einem freundlichen Klatschen abgefunden werden. Die Pflegekräfte fühlen sich nicht ausreichend wertgeschätzt, wünschen sich mehr Kollegialität und ein Arbeiten auf Augenhöhe gegenüber den Medizinern. Teil des Forderungskataloges ist zudem eine vereinfachte Dokumentation ihrer Tätigkeiten.

Sollten sich die Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege deutlich verbessern, dann stünden nach der von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie „Ich pflege wieder, wenn …“, Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften (Kurzversion), nach einer konservativen Hochrechnung mindestens 300.000 Vollzeit-Pflegekräfte mehr zur Verfügung. Optimistisch gerechnet wäre es sogar möglich, dass sich das mögliche Pflegepersonal um rund 660.000 Kräfte erhöhen könnte – durch Rückkehrer in den Beruf und durch Stundenaufstocker bei den Teilzeitkräften.

„Der Teufelskreis, dass immer weniger Pflegekräfte zu noch weniger Pflegekräften führen“ könnte durchbrochen werden, „mit besseren Arbeitsbedingungen, insbesondere besseren Personalschlüsseln“, ist Dr. Claudia Bogedan, Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung, überzeugt.

 

 

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