Eine Einigungsstelle darf individuelle und mitbestimmungsfreie Krankenrückkehrgespräche nicht verbieten. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einem Konflikt, der um die Erstellung eines entsprechenden Leitfadens in einem Textileinzelhandelsunternehmen entstanden war (Az.: 9 TaBV 16/22).

Der Arbeitgeber hatte den Leitfaden für Krankenrückkehrgespräche in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat erstellt und im Intranet zur Verfügung gestellt. Der Betriebsrat eines der Einzelgeschäfte des Unternehmens war jedoch der Auffassung, dass ihm diesbezüglich ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Auf seinen Antrag hin setzte das Arbeitsgericht (ArbG) Köln eine Einigungsstelle ein. In dem Verfahren erklärten beide Betriebspartner übereinstimmend, dass keine formalisierten Krankenrückkehrgespräche gewünscht sind.

Die Einigungsstelle stimmte schließlich mehrheitlich dem Spruchvorschlag des Betriebsrats zu. Rund zwei Wochen später wollte der Arbeitgeber den Spruch für unwirksam erklärt wissen: Die Einigungsstelle habe den unbestimmten Rechtsbegriff des formalisierten Krankenrückkehrgesprächs in ihrem Spruch gesetzeswidrig auf mitbestimmungsfreie Gespräche anlässlich einer Rückkehr ausgedehnt. Der Betriebsrat behauptete dagegen, dass in der Vergangenheit formalisierte Krankenrückkehrgespräche geführt worden seien.

Wie bereits das ArbG entschied auch das LAG Köln, dass der Spruch der Einigungsstelle unwirksam ist. Sie habe ihren Regelungsrahmen überschritten, indem sie alle Gespräche, die seitens des Arbeitgebers mit Arbeitnehmenden nach deren Rückkehr aus krankheitsbedingten Fehlzeiten geführt werden, untersagt. Die Führung formalisierter Krankenrückkehrgespräche zur Aufklärung eines überdurchschnittlichen Krankenstandes sei zwar mitbestimmungspflichtig. Eine mitbestimmungsfreie Individualmaßnahme liege jedoch vor, wenn sie allein durch Umstände veranlasst ist, die in der Person einzelner Arbeitnehmender begründet sind, ohne die übrige Belegschaft zu berühren. Die von der Einigungsstelle vorgegebene Definition der „formalisierten Krankenrückkehrgespräche“ erfasse auch solche mitbestimmungsfreien Krankenrückkehrgespräche. Damit habe sie den „durch § 87 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 BetrVG eröffneten Regelungsspielraum“ überschritten.

Der Spruch könne auch nicht so ausgelegt werden, dass er nur mitbestimmungspflichtige formalisierte Krankenrückkehrgespräche untersagt. Eine solche geltungserhaltende Reduktion sei angesichts des Normencharakters einer Betriebsvereinbarung nicht möglich. Außerdem sei sie nicht von dem übereinstimmenden Willen beider Beteiligter gedeckt, da der Arbeitgeber überhaupt keine Regelung von Krankenrückkehrgesprächen für nötig hält.

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 02.09.2022 (Az.: 9 TaBV 16/22).

Vorinstanz: Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 21.03.2022 (Az.: 4 BV 148/21)

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